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Srebrenica: Prozess gegen bosnisch-serbische Offiziere beginnt

Vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hat der bisher größte Prozess wegen des Massakers von Srebrenica begonnen. Chefanklägerin Del Ponte und die Verteidigung lieferten sich scharfe Wortgefechte.

Den Haag - Elf Jahre nach dem Massaker in Srebrenica hat am Freitag vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag der bisher größte Prozess gegen die mutmaßlich Verantwortlichen begonnen. Sieben bosnischen Serben wird dabei die Beteiligung an dem Massenmord an rund 8000 bosnischen Moslems im Jahr 1995 vorgeworfen. Fünf der angeklagten ranghohen Militärs oder Polizisten müssen sich wegen des Vorwurfs des Völkermords verantworten. Dieser schwerste dem Völkerrecht bekannte Tatbestand wird vom Haager Tribunal nur für das Srebrenica-Massaker verwendet. Zu Beginn des Prozesses gab es ein scharfes Wortgefecht zwischen Chefanklägerin Carla del Ponte und der Verteidigung. Der Prozess wurde dann auf den August vertagt.

Del Ponte wollte in einer Erklärung von ihrem Besuch in Srebrenica anlässlich des elften Jahrestags des Massakers vor wenigen Tagen berichten. Doch die Verteidigung legte nach wenigen Worten bereits Einspruch ein mit dem Hinweis, die Einlassungen der Chefanklägerin seien "emotional" und sollten erst bei dem für den 21. August geplanten Eröffnungsplädoyer vorgebracht werden. Del Ponte entgegnete verärgert, es handle sich nur um Fakten. Die Richter gaben dem Einspruch aber statt und wiesen Del Ponte an, das Statement im August zu geben. Nach der Erörterung von Verfahrensfragen vertagte sich das Gericht bis dahin.

Bisher sind erst sechs der damals für das Massaker Verantwortlichen vor dem UN-Tribunal in Den Haag verurteilt worden. Von ihnen wurden zwei wegen Völkermords verurteilt, der serbische General Radislav Krstic zu 35 Jahren und der Oberst Vidoje Blagojevic zu 18 Jahren. Beide wurden allerdings nicht wegen Mittäterschaft, sondern nur wegen Beihilfe zum Völkermord verurteilt. Bei den nun Angeklagten handelt es sich um ranghohe Mitglieder von Militär und Polizei.

Srebrenica war im April 1993 zur UN-Schutzzone erklärt worden. Am 11. Juli 1995 fiel das Gebiet jedoch in die Hände der bosnisch-serbischen Truppen. Sie trennten unter Duldung niederländischer Blauhelmsoldaten die Männer im kampffähigen Alter und zahlreiche Jungen vom Rest der Bevölkerung. Die rund 8000 Männer und Heranwachsenden wurden binnen weniger Tage umgebracht. Das Massaker während des Bosnienkriegs (1992-1995) gilt als schlimmstes Kriegsverbrechen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Toten waren zunächst in Massengräbern rund um die Enklave bestattet worden. Später wurden sie teils an weiter entfernte Orte gebracht, um das Massaker zu vertuschen. Inzwischen sind rund 6000 Opfer exhumiert worden. Rund 2500 wurden mit DNA-Tests identifiziert, viele von ihnen auf dem Gedenkfriedhof Potocari bei Srebrenica begraben. Die Überreste von rund 3500 Opfern warten noch in einem speziellen Leichenhaus bei Srebrenica auf ihre Identifizierung. (tso/AFP)

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