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© dpa

Sri Lanka: Militärischer Sieg – und dann? Es gibt kein Konzept

Niemand kann genau sagen, wie lange der Krieg in Sri Lanka noch dauern wird. Doch auch mit einem Sieg über die Rebellen wären die Problem des Landes nicht geringer. In den Kriegsjahren haben sich totalitäre Strukturen gebildet.

Seht her, wie stark wir sind! Das sollte wohl die Botschaft der Militärparade in Sri Lankas Hauptstadt Colombo zum 61. Unabhängigkeitstag am Mittwoch sein. Kampfflieger, Kriegsschiffe und Panzer bot die Regierung auf, Präsident Rajapaksa prophezeite den Sieg über die separatistischen Tamilentiger (LTTE) „in wenigen Tagen“. Doch trotz des martialischen Aufmarschs saß die Angst tief. Die Parade erfolgte praktisch unter Ausschluß der Öffentlichkeit, wie Beobachter berichten. Das Zentrum war noch weiträumiger abgesperrt als in den vergangenen Jahren. Zeitgleich mit Colombo feierten Regierungstruppen in der jüngst eingenommenen Rebellenhauptstadt Kilinochchi eine Parade und eröffneten einen „Friedenspark“. Das Verteidigungsministerium veröffentlichte dazu Fotos von einem weißen Obelisken mit einer Taube obenauf. „Geschmacklos“ nennt das ein Beobachter in Colombo.

Inzwischen hoffen aber alle Experten, der Krieg möge schnell enden, denn er wird mit immer größerer Brutalität geführt. Zahlen sagen derzeit fast nichts, denn es ist quasi kein unabhängiger Beobachter mehr im Kriegsgebiet. Selbst ein Rot-Kreuz-Hospital wurde mehrfach angegriffen und nun evakuiert. Es gab Tote. Wer die Angreifer waren, lässt sich nicht klären. Sogenannte Sicherheitszonen für Zivilisten sind keine Zuflucht mehr, auch sie werden beschossen. US-Außenministerin Clinton und ihr britischer Kollege Milliband forderten eine Waffenruhe. In Berlin demonstrierten am Mittwoch 4000 Tamilen. Sie werfen der Regierung in Colombo „Völkermord“ vor.

„Der geografische Sieg steht sicher kurz bevor“, sagt ein Experte in Colombo, der aus Sicherheitsgründen ungenannt bleibt. Auch er kann nicht abschätzen, wie stark die LTTE noch ist. Doch schweres militärisches Gerät wie große Boote, Flugzeuge und Waffen sind nicht gefunden worden. Sie hätte das Militär sicher präsentiert. Er vermutet die LTTE-Führer längst im Osten der Insel. Viele schauen schon mit Sorge auf den Tag des Sieges: „In der Regierung haben sich totalitäre Strukturen gebildet.“ Es gebe völlige Respektlosigkeit gegenüber Zivilisten und den eigenen Fußsoldaten, aber keine politische Strategie für die Zeit danach. Das Land habe aber viele soziale Probleme, nicht zuletzt, weil Colombo 80 Prozent seines Etats in den Krieg stecke, Gelder anderer Ressorts umleite und hohe Kredite aufgenommen habe. „Es ist die Frage, wann es zum finanziellen Kollaps kommt“, sagt der Experte.

Er geht davon aus, dass Sri Lanka beim Wiederaufbau stark auf die Hilfe von Weltbank und EU angewiesen sein wird. Es wäre eine Gelegenheit, Reformen einzufordern. Nur einige LTTE-Kämpfer in der Politik zu installieren, die Tamilen nicht als ihre Vertreter sehen und für die Demokratie ein Fremdwort ist, dürfte keine Lösung sein.

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