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Russland

© AFP

Staatsduma: Putin in Feierlaune - Kritik an Wahlverlauf

Laut ersten Hochrechnungen ist die Kremlpartei "Einiges Russland" mit Präsident Wladimir Putin an der Spitze erwartungsgemäß als klarer Sieger aus der Wahl zur Duma hervorgegangen. Sie erhielt mehr als 60 Prozent der Stimmen. Wahlbeobachter sprechen von zahlreichen Unregelmäßigkeiten bei dem Urnengang.

Experten zufolge konnte die Partei ihre Zweidrittelmehrheit verteidigen. Auch die Kommunisten sowie die beiden kremlnahen Parteien Gerechtes Russland und die nationalistisch geprägte Liberaldemokratische Partei (LDPR) des Populisten Wladimir Schirinowski schafften demnach den Einzug in die Duma. Menschenrechtler beklagten, bei der Abstimmung habe es tausende Rechtsverstöße gegeben.

Die Kommunisten kündigten eine Anfechtung der Wahl an. Die Zentrale Wahlkommission und die Kremlpartei bezeichneten die Rechtsverstöße als "unbedeutend". Die Wahlbeteiligung lag mit über 60 Prozent deutlich über der Quote von 2003. Die Parteien mussten nach einer Verschärfung des Wahlgesetzes die auf sieben Prozent gestiegene Hürde überspringen. 107 Millionen Wähler waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Nach Auszählung von 30 Prozent der Stimmen lag die Kremlpartei "Einiges Russland" bei 63,6 Prozent und konnte mit 312 Sitzen in der Duma rechnen. Die Kommunisten kamen auf 11,3 Prozent (55 Sitze), die LDPR lag bei 9,6 Prozent (49) und die Partei "Gerechtes Russland" bei 7,2 Prozent (34).

Mit Putin an der Spitze galt der Partei bereits im Vorfeld der Sieg als sicher. Er sei in "Feierlaune", weil die Bürger nur Politiker ihres Vertrauens wählten, hatte Putin bei seinem Urnengang gesagt. Putin hatte den Sieg zur Bedingung für einen Verbleib in der Politik nach dem Ende seiner Amtszeit im Frühjahr gemacht.

Kasparow: Neue Form von Diktatur

Der Politiker und Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow sagte, das Verhalten des Kremls verhelfe der bislang zerstrittenen Opposition zur Einigung. "Es wird trotz des Gegendrucks eine Kraft in Russland geben, die mit einer neuen Form von Diktatur nicht einverstanden ist", sagte Kasparow.

Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte im Deutschlandfunk Einschränkungen für die Opposition. Kasparow, der vergangene Woche eine Haftstrafe wegen Verstoßes gegen das Versammlungsrecht abgesessen hatte, dankte Merkel für die "moralische Unterstützung". Die liberalen Oppositionsparteien blieben chancenlos, zumal mit dem verschärften Wahlgesetz die Direktmandate auch für Einzelkandidaten abgeschafft worden waren.

Anhänger Putins werteten die Abstimmung als Mittel zur Legitimation Putins für einen Verbleib an der Macht. Der Kremlchef äußerte sich am Wahltag nicht zu der Frage, ob er noch vor Ablauf der Amtszeit als Präsident sein Abgeordnetenmandat wahrnehmen wolle. Der Staatsapparat hatte mit allen Mitteln versucht, die weitgehend unpolitische Bevölkerung zu mobilisieren. So wurden im Wahlkampf Geschenke wie Wodka, Tierfutter oder auch warme Decken versprochen. Putin heizte die Stimmung zusätzlich an, indem er die Opposition als "Schakale" beschimpfte. Zudem warnten Staatsmedien vor einer Revanche durch die "Feinde Putins".

3500 Beschwerden

Das Innenministerium sprach am Sonntag von einem ruhigen Verlauf der Wahl ohne "ernsthafte Zwischenfälle". Beobachter beklagten dagegen zahlreiche Verstöße. "Bei unserer Hotline gingen landesweit bislang mehr als 3500 Beschwerden ein", sagte die Sprecherin der Organisation "Golos" (Stimme), Lilija Schibanowa. Viele Anrufer monierten die Wahlumstände in den Kasernen des Landes. Dort sei vielerorts eine geheime Wahl unmöglich, da die Soldaten ihren Wahlzettel unter Aufsicht ausfüllen müssten.

Die liberale Jabloko-Partei berichtete von Autobussen, mit denen Dutzende Männer und Frauen zur mehrfachen Stimmabgabe durch Moskau gefahren worden seien. Die Opposition beklagte zudem, dass ihre Wahlbeobachter mancherorts keinen Zugang zu den Wahllokalen erhielten. Russland hatte deutlich weniger ausländische Wahlbeobachter als 2003 eingeladen. Mehr als 4500 Kandidaten von elf Parteien kandidierten für den Einzug in die Duma. Erste aussagekräftige Ergebnisse über die Verteilung der 450 Sitze wurden in der Nacht zu Montag erwartet. (küs/dpa)

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