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Politik: Stadt, Land, Bund im Streit um Kitas

Politische Wünsche und Verwaltungsprobleme machen den Ausbau der Kleinkindbetreuung schwierig

Von Antje Sirleschtov

Beim geplanten Ausbau der Betreuungsplätze für Kleinkinder bahnt sich ein zäher Verhandlungsmarathon von Bund, Ländern und Kommunen an. Vor dem am Ende dieser Woche in Postdam stattfindenden Treffen der Länder-Jugendminister mit dem Bundesfamilienministerium und den kommunalen Spitzenverbänden heißt es zwar unisono, der Wille zum Umsteuern in der Familienpolitik sei vorhanden. Allerdings gehen die Vorstellungen über den Weg noch immer weit auseinander. Auch die Idee von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU), Kinderbetreuung und Bildungsangebote in Zukunft über Gutscheine zu organisieren, ändert daran nichts. Denn zum einen löst die Gutscheinidee augenscheinlich noch nicht den innerkoalitionären Streit um den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz und die Einführung eines Betreuungsgeldes für Eltern, die ihre Kinder zu Hause erziehen. Und zum anderen wirft der Gutschein neue bürokratische Probleme auf.

Vor dem Treffen der Familienpolitiker sprach sich Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) grundsätzlich für die bundesweite Gutschein-Lösung aus. Nach den Berliner Erfahrungen mit der Kita-Card werde er eine bundesweite Einführung „ausdrücklich unterstützen“, sagte Zöllner dem Tagesspiegel. In Berlin zeige sich eindeutig, dass sich die Möglichkeit der Eltern, sich individuelle Betreuung für ihre Kinder zu suchen, positiv auf die Qualität und Quantität der Angebote ausgewirkt habe. „Nirgendwo in Deutschland ist das Niveau so hoch wie in Berlin“, sagte Zöllner.

Auch die Kommunen sehen die Gutschein-Idee „grundsätzlich positiv“, wie es am Mittwoch hieß. Allerdings fürchten die kommunalen Spitzenverbände, dass das Verfahren zur Einlösung der Gutscheine zu kompliziert und mit den föderalen Strukturen der Bundesrepublik nicht vereinbar sein wird. Die Bundesländer haben unterschiedliche Formen der Familienförderung und organisieren die Finanzierung innerhalb ihrer Verwaltungen ebenfalls unterschiedlich. Und der Gutschein würde unter Umständen für zusätzlichen bürokratischen Abstimmungsbedarf von Bund, Ländern und Kommunen führen.

Außerdem fürchten die Kommunen um ihre eigene Planungssicherheit. Denn Eltern, die mit dem Gutschein ihren Betreuungseinrichtung wählen können, müssen nicht zwangsläufig kommunale Angebote annehmen. Bürgermeister laufen damit Gefahr, teure Kitas zu unterhalten, die niemand nutzen will, während in der Nachbarkommune die Kitas überfüllt sind. Einzelne Landespolitiker warnten daher die Bundesregierung bereits in den letzten Tagen davor, kurzsichtig Strukturen zur Familienförderung zu schaffen, die vor Ort nicht umsetzbar sind. Der rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) bezeichnete die derzeitigen Pläne des Bundes sogar als unverschämt. „Es ist anmaßend, wenn der Bund denkt, dass die Länder für ein paar Euro fünfzig ihre langjährigen Strukturen über Bord werfen“, sagte er der „Financial Times Deutschland“.

Thüringens Familienminister Klaus Zeh (CDU) stellte sich derweil hinter bayerische Forderungen nach einem Betreuungsgeld für Eltern, die ihren Nachwuchs nicht in Kindergärten betreuen lassen wollen. In Postdam wolle er „die positiven Erfahrungen mit dem Thüringer Erziehungsgeld“ einbringen, kündigte Zeh an. In Thüringen können die Eltern seit einem Jahr zwischen den Angeboten der Kinderbetreuung und der Auszahlung von Erziehungsgeld in Höhe von 150 Euro monatlich wählen. „Wir vertrauen den Eltern, dass sie am besten wissen, was für ihre Kinder gut ist“, sagte Zeh. Eltern die Wahl zu lassen zwischen einem Betreuunggeld in bar oder der Inanspruchnahme von Kindergartenbetreuung, könne er deshalb bundesweit „nur empfehlen“.

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