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Politik: Stärkende Spaltung

Die Arbeitspartei steht nach dem Austritt des Vorsitzenden vor dem Aus – die Regierung profitiert

Nachdem sie zuletzt von einer Niederlage zur nächsten getaumelt war, hat sich Israels Arbeitspartei nun gespalten. Vier ihrer Spitzenleute sind ausgetreten und haben eine eigene Fraktion gegründet: der Vorsitzende Ehud Barak, Landwirtschaftsminister Schalom Schimchon, zwei Vizeminister und eine Neo-Abgeordnete. Die neue Fraktion trägt den Namen Azma’ut (Unabhängigkeit) und bleibt in der Regierung. Für die übrigen Minister und Abgeordneten der Arbeitspartei kam der Schritt völlig überraschend. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und die Spitze seiner nationalkonservativen Likud-Partei waren dagegen nicht nur vorab unterrichtet worden, sie unterstützten Ehud Barak offenbar sogar.

Barak hatte sich in der Arbeitspartei mit einer stetig wachsender Opposition gegen seine Politik und seinen Führungsstil konfrontiert gesehen. Die Partei, deren Vorgängerinnen den jüdischen Staat gegründet und danach 29 Jahre regiert hatten, verkam zudem immer mehr zu einer bedeutungslosen Splitterpartei. Nach den letzten Wahlen konnte sie nur noch 13 Abgeordnete ins Parlament schicken, Tendenz weiter fallend. Am Ende wurde der Ruf nach einem Rückzug aus der Regierungskoalition und nach vorgezogenen Neuwahlen für den Parteivorsitz immer lauter. Dem kam Barak mit seinem Parteiaustritt letztlich zuvor. Sein erklärtes Ziel ist es, eine neue Partei zu gründen, „die zentristisch, zionistisch und demokratisch sein soll“. Allerdings gehen Beobachter davon aus, dass Barak angesichts geringer Unterstützung bei den nächsten Knessetwahlen eine gemeinsame Liste mit dem Likud aufstellen wird.

Netanjahus parlamentarische Mehrheit schrumpft nun zumindest auf dem Papier um die acht verbliebenen Arbeitspartei-Abgeordneten auf 66 der insgesamt 120 Sitze. Der Regierungschef selbst betonte, dass die Koalition gestärkt worden sei. Tatsächlich sind die politisch gemäßigten Kräften ausgeschieden und Netanjahu kann sich fortan auf eine stabile, wenn auch nationalistisch ausgerichtete Koalition stützen. In der Folge dürfte die Regierung den Siedlungsbau wieder intensivieren und einen noch härteren Kurs gegenüber den Palästinensern einschlagen. Die Wiederaufnahme des Friedensprozesses scheint damit in noch weitere Ferne gerückt als bisher schon.

Da die verliebenen Minister der Arbeitspartei ihren Rücktritt erklärt haben, muss Netanjahu außerdem drei Kabinettsposten neu vergeben. Er wird sie unter den Koalitionsparteien aufteilen oder gar eine größere Regierungsumbildung vornehmen. Der bisherige Wohlfahrtsminister Jitzchak Herzog und der ebenfalls zurückgetretene Minister für Minderheiten, Avishai Braverman, wollen sich, wohl ebenso wie der ehemalige Parteichef und Verteidigungsminister Amir Perez, um den Vorsitz der Arbeitspartei bewerben. Übergangsweise dürfte das Amt der ebenfalls als Minister zurückgetretene Binjamin Ben-Elieser übernehmen.

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