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Politik: Starker Mann im Hintergrund

Jiang Zemin tritt als KP-Chef ab – er könnte trotzdem mächtig bleiben

Der Machtwechsel an der Parteispitze der chinesischen KP ist perfekt. Das bestätigten Delegierte des derzeit tagenden Parteitags am Mittwoch gegenüber Journalisten. Der bisherige Parteichef Jiang Zemin sowie fünf der Top-Führer standen nicht auf der Wahlliste für das neue Zentralkomitee der Partei. Sie können ihre Sitze im allmächtigen ständigen Ausschuss des Politbüros folglich nicht behalten. Damit ist der Weg frei für den bisherigen Vizepräsidenten Hu Jintao, die Parteiführung und im Frühjahr das Amt des Staatschefs zu übernehmen.

Doch während die neue Riege um Hu Jintao weitgehend fest steht, ist ein wichtiger Posten im Machtapparat der KP noch immer offen: Der Vorsitz der zentralen Militärkommission. Der bisherige starke Mann Jiang Zemin könnte über dieses Amt weiter die Armee und damit die Macht im Land behalten. Die elfköpfige Kommission, in der neun Generäle sitzen, kontrolliert die 2,5 Millionen Mann starke Volksbefreiungsarmee. Seit 1999 wird sie von Jiang Zemin geführt, Vizevorsitzender ist Hu Jintao.

Das Militär und die rund 1,3 Millionen paramilitärischen Polizisten sind bis heute der wichtigste Machtblock in der Volksrepublik. Geführt wird die Armee von einer Garde alter Generäle, die zum Teil noch mit Mao Zedong in der Revolution gekämpft haben. Sechs der neun Generäle in der zentralen Militärkommission sind älter als 70 Jahre, der inoffiziellen Altersgrenze für das neue Politbüro. Da eine weitere fünfjährige Amtszeit für sie unrealistisch ist, rechnen Beobachter auch in der Militärkommission mit einem Generationswechsel.

Die Zusammensetzung der neuen Kommission wird nach Einschätzung ausländischer Militärattaches auch über den Vorsitz bestimmen. Hu Jintao, der von dem verstorbenen Reformpolitiker Deng Xiaoping zum Kronprinz gemacht wurde, hat seine Machtbasis eher bei den alten Militärführern. Jiang Zemin kann dagegen auf die Gefolgschaft jüngerer Generäle wie Guo Boxiong und Xu Caihou setzten, die ihm ihren Aufstieg verdanken. Als künftiger Verteidigungsminister wird Xiong Guangkai gehandelt.

Sollte Jiang Zemin die Kontrolle über die Militärkommission behalten, würde er dem Vorbild seines Vorgängers Deng Xiaoping folgen. Nach seinem Austritt aus dem Politbüro 1987 blieb Deng noch zwei Jahre Vorsitzender der Militärkommission und blieb bis zu seinem Tod 1997 der mächtigste Führer in China.

Harald Maass[Peking]

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