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Politik: Stasi-Akten: Verbale Abrüstung

Der Streit geht weiter, immer weiter. Noch immer zanken sich Otto Schily und Marianne Birthler um die Herausgabe der Stasi-Akten.

Der Streit geht weiter, immer weiter. Noch immer zanken sich Otto Schily und Marianne Birthler um die Herausgabe der Stasi-Akten. Die Fronten sind verhärtet, politisch und persönlich. Der Bundesinnenminister will Stasi-Unterlagen über Prominente sperren lassen, die Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen möchte das Material öffentlich machen. Beide berufen sich auf das Gesetz. Das Berliner Verwaltungsgericht hat Schilys Position gestützt und die Stasi-Akte eines Prominenten gesperrt - die von Altkanzler Helmut Kohl. Birthler hat dagegen das Bundesverwaltungsgericht angerufen. Das ist der Stand der Dinge, seit Wochen schon. Kann es in diesem Streit noch etwas Neues geben? Außer einer Einigung?

Ja. Eine Annäherung. Genau die zeichnete sich am Montag ab, wenn auch nur in Umrissen. Offenbar sind beide Seiten um Schlichtung bemüht. Dafür sprechen drei Indizien. Erstens: Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye hat verkündet, bis zum 15. August solle es einen Kompromiss geben. Diese Aussage klingt ziemlich optimistisch, zeigt aber immerhin, dass Kanzler Gerhard Schröder genug vom Hickhack hat. Der Schaukampf, den sich Birthler und Schily per Post und Presse liefern, schadet dem Koalitionsklima. Deshalb soll er schnell ein Ende haben. Zweites Indiz: Schily versucht erstmals, die Wogen zu glätten. Aus dem Innenministerium ist zu hören, dass der Minister eine rechtliche Weisung des Kabinetts an Birthler "möglichst verhindern" wolle. Und im Tagesspiegel-Interview hat der Minister selbstkritisch eingeräumt, "etwas zu schroff" mit Birthler umgegangen zu sein.

Und Birthler? Sie liefert das dritte Indiz für eine Beruhigung. "Wir sind nicht auf Konfrontationskurs", sagte sie am Montag bei der Vorstellung eines Buches zum Mauerbau. Neue Barrieren will Birthler nicht errichten. Ihre Ankündigung, der Bundestag solle das Stasi-Unterlagengesetz notfalls nachbessern, will sie nicht als Konfrontation verstanden wissen. Auch praktisch demonstriert Birthler Kooperationswillen. Im Falle der Eiskunstläuferin Katarina Witt, die wie Kohl gegen die Veröffentlichung ihrer Stasi-Akte klagt, sucht sie eine Verständigung. Das hat sie dem Berliner Verwaltungsgericht schriftlich mitgeteilt.

Hat der Streit also bald ein Ende? "Wir sollten uns mit Scheinlösungen zurückhalten", sagt SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz auf Nachfrage. Der Bundestag solle mit Gesetzesänderungen warten, bis die Sache höchstrichterlich entschieden sei. Bis dahin solle Birthler "vorsichtig mit der Herausgabe von Akten" sein und beide Seiten "verbal abrüsten". Ein Plädoyer für eine Annäherung. Nicht mehr, nicht weniger.

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