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Immer mehr Operationen. Die Kosten für die Behandlung in deutschen Krankenhäusern steigen stetig. Das liegt unter anderem daran, dass dort immer häufiger operiert wird. Foto: Thomas Lohnes/dapd

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Statistik im Gesundheitssektor: Warum die Behandlung in Krankenhäusern teurer, aber nicht besser wird

Krankenhausbehandlungen in Deutschland werden immer teurer. An der Qualität der Behandlung merkt man das oft nicht. Schuld daran sind offenbar steigende Patientenzahlen.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lagen die Kosten einer vollstationären Behandlung im vergangenen Jahr pro Patient im Schnitt bei 3960 Euro. Das waren 2,5 Prozent mehr als 2010. Am teuersten ist die Klinikbehandlung in Hamburg, am günstigsten in Brandenburg.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 18,3 Millionen Menschen vollstationär versorgt. Die Gesamtkosten der 2045 deutschen Krankenhäuser lagen bei 83,4 Milliarden Euro, das sind 4,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Am meisten schlug mit 49,5 Milliarden das Personal zu Buche, der Kostenanstieg lag hier bei 4,3 Prozent. Die Sachkosten betrugen 31,7 Milliarden (plus 4,4 Prozent). Für nicht stationäre Leistungen, also für Ambulanz oder Forschung, flossen 10,8 Milliarden Euro.

Im Ländervergleich produzierten die Stadtstaaten die höchsten Fallkosten. Das dürfte allerdings weniger an der Ausgabefreude der dortigen Kliniken liegen als an deren Spezialisierung und dem höheren Anteil der eigens dort behandelten Schwerstkranken. Beim Spitzenreiter Hamburg lagen die Fallkosten pro Patient bei stattlichen 4628 Euro, in Bremen bei 4470 und in Berlin bei 4276 Euro. In Brandenburg dagegen wurden pro Fall grade mal 3570 Euro aufgewendet, in Mecklenburg-Vorpommern waren es nur fünf Euro mehr. Das bevölkerungsreiche Nordrhein-Westfalen, das auch die mit Abstand meisten Kliniken aufzubieten hat, liegt mit 3876 Euro im unteren Feld. Baden-Württemberg dagegen erreicht mit 4218 Euro die höchsten Klinikkosten unter den Flächenstaaten.

Für die gesetzlichen Krankenversicherer sind die Kliniken seit jeher der größte Ausgabeposten. Sie gaben für Krankenhausbehandlungen im vergangenen Jahr 60,8 Milliarden Euro aus – das waren wieder einmal zwei Milliarden und 3,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Und an diesem Trend scheint sich wenig zu ändern. Im ersten Halbjahr 2012 registrierten sie mit 31,8 Milliarden einen weiteren Anstieg um 3,4 Prozent im Halbjahresvergleich.

Als Hauptgrund für den kontinuierlichen Anstieg nennt das Gesundheitsministerium die „dynamischen Zuwächse bei den Leistungsmengen“. Zu Deutsch: Es gibt immer mehr Behandlungen und Operationen. Warum das so ist und es nicht irgendwann auch mal wieder weniger wird, soll nun die Selbstverwaltung per Forschungsauftrag eruieren.

Für die Versicherer ist die Kostensteigerung eine Folge „überholter Krankenhausstrukturen“, für die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) dagegen der Beleg, „dass die Kosten-Erlös-Schere für die Krankenhäuser immer weiter auseinander geht“. Die Politik lasse die Kliniken mit den steigenden Kosten alleine, klagt Hauptgeschäftsführer Georg Baum. Und erinnert, dass sie bis Ende 2014 schon „mehr als drei Milliarden Euro durch Kürzungsgesetze zu den Überschüssen der Krankenkassen beigetragen haben“. Besser gesagt: beitragen mussten. Nach dem Koalitionsgipfel warnte DKG-Präsident Alfred Dänzer rundheraus vor einer „Finanzierungskatastrophe“ für 2013. Fakt ist, dass deutschlandweit inzwischen jedes sechste Krankenhaus „erhöht insolvenzgefährdet“ ist, wie der aktuelle Krankenhaus Rating Report belegt. Und dass es in den unter Finanzknappheit stöhnenden Kliniken immer enger wird. Vor allem, weil die schweren Behandlungsfälle zunehmen – eine Folge des medizinischen Fortschritts, der immer mehr ermöglicht, allerdings auch zu immer höheren Kosten.

Für 2002 bis 2010 belegt das aktuelle „Pflege-Thermometer“ des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung etwa einen Anstieg der Behandlungsfälle auf Intensivstationen um 7,8 Prozent. Im gleichen Zeitraum wurde die Zahl der Intensivbetten um 8,8 Prozent erhöht. Die „Nachfrage“ dort, also die Zahl der Belegungstage, stieg um 12,4 Prozent. Und die Zahl der dort auch künstlich Beatmeten erhöhte sich gar um mehr als 21 Prozent. Das Dumme ist, dass die Klinik-Kapazitäten mit dieser Entwicklung offenbar nicht Schritt halten können. Seit 1995 wurden an deutschen Krankenhäusern rund 50 000 Pflegestellen gestrichen. Und der Mangel an Pflegekräften wird aus Expertensicht zunehmend zum Gesundheitsrisiko. So empfiehlt die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) für Intensivstationen pro Schicht eine Pflegekraft für zwei Behandlungsplätze. Nach einer aktuellen Stichprobe schaffte diesen Schlüssel schon im Frühdienst, der in der Regel am stärksten besetzten Schicht, nicht mal jede dritte Intensivstation.

Der Klinikführer des Tagesspiegels enthält auf 260 Seiten Daten und Analysen von 33 Behandlungen.

Infos unter www.gesundheitsberater-berlin.de

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