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Politik: Steinbrück: Ab 2011 ohne neue Schulden

Finanzminister erwartet ersten ausgeglichenen Etat seit 40 Jahren – und dämpft Wünsche seiner Kollegen

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Der Bund wird 2011, also in vier Jahren, keine zusätzlichen Schulden mehr machen müssen, um seine Ausgaben zu decken. Das stellte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) am Freitag nach Bekanntgabe der Steuerschätzung in Aussicht und nannte damit zum ersten Mal ein konkretes Datum für den Etatausgleich, der seit fast 40 Jahren nicht mehr gelungen ist. Weil Bundesländer, Kommunen und Sozialversicherungen dieses Ziel schon früher erreichen, werde der Gesamtstaat die Neuverschuldung bereits 2010 erreichen, sagte Steinbrück und sprach von einer „historischen Trendwende“.

Nach dreitägiger Klausur in Görlitz stellten die Steuerschätzer den staatlichen Kassen bis 2011 insgesamt 180 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen in Aussicht, als dies im Vorjahr bereits prognostiziert wurde. Dem Bund fließen davon zusätzliche Steuermittel von insgesamt 87 Milliarden Euro zu. Steinbrück kündigte an, dass die Bundesregierung ab 2008 jährlich zwei Milliarden Euro zusätzlich für Investitionen in Wachstum, Beschäftigung und Zukunftsfelder investieren werde. Konkret verwies der Minister auf die Politikbereiche Bildung und Forschung, Familie, Klimaschutz, Infrastruktur, Entwicklungshilfe sowie Sicherheit. Die Koalitionsspitzen wollen am kommenden Montag erstmals über Prioritäten bei der Verwendung der zusätzlichen Steuermilliarden sprechen, danach folgen die Verhandlungen über den Etat 2008. Dafür haben die Ministerien Mehrausgaben von rund 50 Milliarden Euro bis 2011 angemeldet.

Trotz des üppigen Geldsegens, der etwa zur Hälfte in die Kassen von Ländern und Kommunen fließt, mahnte der Finanzminister zur Sparsamkeit. Nur so könne Deutschland mit dem Abbau der Verschuldung (rund 1,5 Billionen Euro) beginnen. Der SPD-Finanzpolitiker Joachim Poß unterstrich, es gehe nicht darum, einen „Gewinn“ zu verteilen. Die Zusatzeinnahmen müssten erst einmal zur Rückführung der Neuverschuldung und zum Schuldenabbau genutzt werden. Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Steffen Kampeter, plädierte für einen Vorrang der Konsolidierung. „Es ist nicht so, dass wir im Geld schwimmen, wir drohen an sich eher in Schulden zu ertrinken“, schrieb Kampeter an die Mitglieder seiner Bundestagsfraktion.

Auch die Opposition mahnte zur Ausgabenzurückhaltung. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sagte, es sei „so sicher wie das Amen in der Kirche“, dass auch wieder schwierigere Zeiten kämen. FDP-Chef Guido Westerwelle forderte eine Steuerstrukturreform, damit die Einnahmen nicht nur kurzfristig zur Verfügung stünden. Der Vorsitzende der Linksfraktion, Oskar Lafontaine, verlangte Steuersenkungen, eine Anhebung des Spitzensteuersatzes und einen Verzicht auf die Unternehmensteuerreform.

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