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Traum oder Albtraum? Eine Ampel halten viele für immer noch besser als eine große Koalition. Bärbel Höhn (Grüne) twitterte: ein Horrorkabinett.

© dapd

Steinbrück und die Koalitionsfrage: Rot-gelb-grüne Spekulationen

Die Sozialdemokraten können sich nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr eine Ampel vorstellen. Aber FDP und Grüne haben große Bedenken.

Von
  • Sabine Beikler
  • Hans Monath

Nach der Nominierung von Peer Steinbrück als Kanzlerkandidat der SPD hat die Debatte um mögliche Koalitionen nach der Wahl im September 2013 begonnen. Die SPD hat bereits Koalitionen mit der Linkspartei und den Piraten ausgeschlossen. Erklärtes Wahlziel der Sozialdemokraten ist eine rot-grüne Regierung. Ein Bündnis mit der Union oder mit Grünen und FDP („Ampel“) soll aber offenbar nicht ausdrücklich ausgeschlossen werden. Steinbrück hat sich allerdings persönlich festgelegt. Demnach wird er nicht erneut als Minister in ein Kabinett unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eintreten.

Steinbrück sagte nach seiner Nominierung durch den Parteivorstand am Montag, für ihn komme eine Koalition mit der Linkspartei nicht infrage. Auch die Piratenpartei könne in seinen Augen keine Regierungsverantwortung übernehmen. „Ahnungslosigkeit ist auch keine politische Kunstform“, meinte der Kandidat. Mit Blick auf CDU, CSU und FDP hatte der Ex-Finanzminister am Wochenende gesagt, die SPD wolle „alle drei rausschmeißen“ aus der Regierung.

Gabriel bekräftigte, es werde nach der Bundestagswahl keine Koalition mit der Linkspartei geben, „weil es keine Partei Die Linke gibt“. In Wirklichkeit bestehe sie aus zwei Parteien, aus den Pragmatikern im Osten und aus „Sektierertum und SPD-Hassern“ im Westen. Der Parteichef erklärte zugleich, es sei noch offen, ob das Wahlprogramm bestimmte Bündnisse ausschließen werde.

Nach der Ausrufung Steinbrücks als Kanzlerkandidat am Wochenende hatten mehrere SPD-Politiker für ein Offenhalten einer Ampel-Option plädiert. „Sollte nach der Bundestagswahl rechnerisch eine Ampel möglich sein, wird das auch davon abhängen, wie sehr sich die FDP bis dahin von ihrem bisherigen Kurs lösen kann“, sagte der saarländische Wirtschaftsminister und SPD-Landeschef Heiko Maas dem Magazin „Focus“. Die FDP müsse sich wieder zu einer Bürgerrechtspartei entwickeln. Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Kahrs, sagte, die SPD strebe Rot-Grün an, doch wenn es dafür nicht reiche, wäre eine Ampel die „deutlich bessere Alternative“. Es gebe große Schnittstellen in der Wirtschaftspolitik.

So harmonisch wird's so schnell nicht wieder: Bilder aus dem vergangenen Leben von Angela und Peer:

Führende Vertreter der FDP wandten sich gegen eine Ampel-Koalition. Der nordrhein-westfälische FDP-Chef Christian Lindner sagte, er habe Respekt vor Steinbrück als Person. „Aber ich sehe große inhaltliche Hürden für eine Zusammenarbeit nicht nur mit der SPD, sondern eben mit Rot-Grün“, sagte er dem Deutschlandfunk.

Die Erfahrungen mit der versuchten Ampel-Koalition sind traumatisch.

Das Interesse an einer Ampel ist in der FDP mehrheitlich sehr gering. Der Berliner FDP-Landeschef und stellvertretende Fraktionschef im Bundestag, Martin Lindner, sagte, er erinnere sich „sehr ungern“ an die gescheiterten Ampelverhandlungen auf Landesebene nach dem Bruch der großen Koalition 2001 in Berlin. Elf Jahre danach brauche er „weitere zehn Jahre, um überhaupt den Gedanken an eine Ampel wieder zuzulassen“, sagte Lindner dem Tagesspiegel. „Die Ampel auf Bundesebene ist ein Hirngespinst, das der FDP nicht gut bekommen würde.“ Für die FDP gehe es darum, mit den Themen Euro und Wirtschaftspolitik den Wahlkampf zu gewinnen. Gegen SPD, Grüne und Linke müsse „ein Lagerwahlkampf eins a“ geführt werden.

Weit von einem Bündnis mit der FDP und der SPD sind die Grünen bisher entfernt. „Wir sind nicht die Reha-Anstalt für eine siechende FDP“, sagte Parteichefin Claudia Roth am Sonntag auf dem grünen Urwahlforum in Bochum. Parteichef Cem Özdemir erteilte am Montag einer Ampelkoalition eine klare Absage. „Ich wüsste nicht, wodurch sich die FDP als Partner qualifiziert. Es wäre absurd, wenn wir diese Diskussion befeuern würden. Dass die FDP sie führt, ist auch klar, denn ihr geht gerade das Gesäß auf Grundeis“, sagte Özdemir. Mit der FDP gebe es „nicht vorhandene Schnittmengen“.

Dem bayerischen Grünen-Vorsitzenden Dieter Janecek „fehlt das Vorstellungsvermögen, wie Grüne in einer Koalition mit der FDP die Energiewende konsequent voranbringen und für gerechtere Umverteilung sorgen könnten. Da helfen auch die Gemeinsamkeiten in Bürgerrechtsfragen wenig“, sagte Janecek dem Tagesspiegel. „Wir müssen uns auf Rot-Grün konzentrieren“, sagte der grüne Oberbürgermeister von Tübingen und Parteiratsmitglied Boris Palmer. „Aber wir sollten nichts ausschließen.“

Die Partei geht offiziell mit der Option „Schwarz-Gelb ablösen und durch Rot-Grün ersetzen“ in den Wahlkampf. Beim Thema Ampel würden die „Alarmglocken läuten“, sagte ein Grüner. Diese Debatte wollen die Grünen auch nicht führen: Sie haben größte Bedenken davor, die FDP allein durch eine Ampeldiskussion hoffähig zu machen. Außerdem würde dieses Thema an der Basis demobilisierend für den Wahlkampf wirken. Die FDP sei für viele „ein absolutes Feindbild“, sagte ein Grüner. „Da wäre es fast einfacher, über Schwarz-Grün zu sprechen.“

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