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Bundespräsident Steinmeier bezeichnet die AfD als „antibürgerlich“.

© Andreas Arnold/dpa

Steinmeier widerspricht Gauland: Bundespräsident bezeichnet die AfD als „antibürgerlich“

AfD-Chef Gauland nennt seine Partei „Vertreter des Bürgertums“. Steinmeier sieht das anders – und ermahnt zudem die große Koalition.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier betrachtet die AfD nicht als bürgerliche Partei. „Man reibt sich doch ein wenig die Augen“, sagte Steinmeier dem „Spiegel“ mit Blick auf Äußerungen von AfD-Chef Alexander Gauland, die Rechtspopulisten seien die Vertreter des Bürgertums.

Bürgertum, Rechtsstaat und individuelle Freiheitsrechte gehörten zusammen, entgegnete der Bundespräsident. „Wer sich in dieser Tradition sieht, der kann nicht gleichzeitig einem ausgrenzenden, autoritären oder gar völkischen Denken huldigen. Das ist das Gegenteil von bürgerlich: Es ist antibürgerlich.“

Nach Ansicht von Steinmeier muss „jede Partei sich entscheiden, wo sie stehen will: entweder völkisch kollektivistisch oder aufgeklärt bürgerlich. Beides gleichzeitig geht nicht.“ Das Bürgerliche zeige sich „in der Verteidigung der Freiheit, der Anerkennung des Individuums und damit auch im Respekt vor Andersdenkenden“, sagte der Bundespräsident: „Um diese Haltung geht es.“ Demokratie lebe von der Kontroverse und brauche auch den Streit: „Aber Frust ist kein Freifahrtschein für Menschenfeindlichkeit.“

Steinmeier signalisierte, dass er einen entschiedeneren Kampf der großen Koalition gegen Rechtsextremismus vermisse. „Ich glaube nicht, dass die Regierungsparteien den Rechtsextremismus unterschätzen“, sagte er. „Aber beide Volksparteien befinden sich nicht erst seit Beginn der großen Koalition in Diskussionen über ihre politische Führung, über Strategie und inhaltliche Orientierung. Das raubt ihnen Kraft, Zeit und Energie für notwendige Debatten in einer Öffentlichkeit, die zu Recht hohe Erwartungen an die Problemlösungskompetenz einer Regierung stellt.“

Den wachsenden Zuspruch für Rechtspopulisten führt Steinmeier auch darauf zurück, dass die Erinnerung an den Nationalsozialismus verblasse. „Die eigene Geschichte und die Gegenwart derjenigen, die wählen gehen, sind nicht mehr genügend miteinander verknüpft“, sagte der Bundespräsident. „Unsere Verantwortung kennt keinen Schlussstrich.“ (KNA)

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