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Politik: Sterbehilfe: Aktiv fürs Sterben

Wenn an diesem Dienstag die Erste Kammer des niederländischen Parlaments wie erwartet den jüngsten Gesetzentwurf zur Liberalisierung der Sterbehilfe absegnet, steht dem Inkrafttreten der in ganz Europa umstrittenen Entkriminalisierung der Sterbehilfe nichts mehr im Wege. Der Gesetzentwurf ist der erste dieser Art in Europa.

Wenn an diesem Dienstag die Erste Kammer des niederländischen Parlaments wie erwartet den jüngsten Gesetzentwurf zur Liberalisierung der Sterbehilfe absegnet, steht dem Inkrafttreten der in ganz Europa umstrittenen Entkriminalisierung der Sterbehilfe nichts mehr im Wege. Der Gesetzentwurf ist der erste dieser Art in Europa. Er sieht vor, dass Sterbehilfe keiner nachträglichen Überprüfung durch die Strafverfolgungsbehörden mehr unterliegt, wenn sich der Arzt an die vorgeschriebenen Prozeduren gehalten hat.

Bisher war ärztliche Sterbehilfe in den Niederlanden gesetzlich verboten, wurde aber in der Regel nicht bestraft, wenn nachgewiesen werden konnte, dass der Patient den Todeswunsch klar kundgetan hatte und wenn er tatsächlich unheilbar krank war und unerträglich litt. In kritischen Fällen konnte sich ein Arzt auch auf eine Notsituation berufen, wenn der Patient nicht mehr in der Lage war, seinen Willen zu äußern, kein Wunsch nach Sterbehilfe vorhanden war und die nächsten Verwandten dem Tod des Betroffenen zustimmten. Der behandelnde Arzt musste jedoch jeden Fall von Sterbehilfe bei der Staatsanwaltschaft anzeigen. Künftig soll die Überprüfung von einer Kommission vorgenommen werden, der ein Ethiker, ein Mediziner und ein Jurist angehören.

1993 wurde erstmals eine gesetzliche Meldepflicht für Sterbehilfe-Fälle eingeführt. Die Befürworter der schrittweisen Legalisierung der Sterbehilfe sahen darin einen Schritt zur Ausleuchtung einer Grauzone. Nach dem Gesetz von 1993 wurde Sterbehilfe in den Niederlanden nicht mehr bestraft, war aber grundsätzlich verboten. Im November vergangenen Jahres verabschiedete die Zweite Kammer des Parlaments mit den Stimmen der Regierungskoalition aus Liberalen, Linksliberalen und Sozialdemokraten und der Unterstützung der oppositionellen Links-Grünen eine Novelle, mit der auch das formelle Verbot für Sterbehilfe gestrichen werden sollte. Gegen die Novelle protestierten die Christdemokraten im Europaparlament, die katholische Kirche und die niederländischen Calvinisten. Wer als Ausländer in den Niederlanden Sterbehilfe in Anspruch nehmen will, muss ein Vertrauensverhältnis zu einem niederländischen Hausarzt aufgebaut haben. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle wird Sterbehilfe von Hausärzten durchgeführt, die dazu nicht gezwungen werden können. Zwei Drittel aller Ansuchen auf Sterbehilfe werden abgelehnt.

Klaus Bachmann

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