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Steuerabkommen: Hopp Schwiiz

Die Eidgenossen haben nach dem Widerstand von SPD, Grünen und Linken beim Steuerabkommen noch nachgegeben. Die Bundesregierung hofft nun auf viel Geld – und auf die Zustimmung im Bundesrat.

Berlin - Das deutsch-schweizerische Steuerabkommen ist ergänzt, Forderungen der Opposition in Berlin sind eingearbeitet – aber Sozialdemokraten und Grüne sind noch nicht zufrieden. Sie wollen, dass weitere Schlupflöcher geschlossen werden. Zudem haben sie Zweifel, dass wirklich so viel Geld durch Nachversteuerung in die deutsche Staatskasse fließt, wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble glaubt. In seinem Ressort werden die möglichen Zuflüsse aus der Schweiz auf zehn Milliarden Euro geschätzt. Aber Geld wird fließen, so viel ist sicher – und es wird wohl auch dazu kommen, dass Vermögen aus der Schweiz nach Deutschland zurückverlagert wird. Wie umfangreich, ist ungewiss – denn niemand weiß, wie viel unversteuertes Einkommen aus Deutschland abgezogen wurde. Schätzungen gehen dahin, dass Deutsche mindestens hundert Milliarden Euro in der Schweiz liegen haben, vielleicht sogar 130, 150 oder 180 Milliarden. Ein Teil davon dürfte weiterhin versteckt bleiben – nicht mehr in der Schweiz, aber in Steueroasen in Übersee. Wie viel das sein wird? Auch unklar.

Sicher ist nur, dass die Schweizer Regierung deutschen Forderungen nochmals entgegengekommen ist – da es um Geld deutscher Bürger geht, war das wohl nicht allzu schwer. Und auch in Bern weiß man längst, dass ein Teil des Geschäftsmodells der Schweizer Banken am Ende ist – „das Verstecken unversteuerter Gelder“, wie der Schweizer Finanzaufseher Patrick Raaflaub das nennt. Zur Neuaufstellung des (vermutlich auch künftig recht erfolgreichen) eidgenössischen Finanzplatzes gehört eben diese Trennung von einem Auslaufmodell. Zudem will die Schweiz das Abkommen mit den Deutschen (und den Briten) auch den Amerikanern schmackhaft machen – es ist etwas günstiger für die Eidgenossen als die bislang von den USA verlangte Vereinbarung.

Mit der Nachverhandlung ist das Abkommen für vermögende Deutsche mit Schweizer Konten etwas teurer geworden. Die pauschale Versteuerung von Altvermögen wird nun zwischen 21 und 41 Prozent liegen – zuvor hatte Schäuble nur 19 bis 34 Prozent vorgesehen. Zudem wird bei Erbschaften künftig von den Schweizer Banken eine Pauschalsteuer von 50 Prozent des Vermögens nach Deutschland überwiesen – wenn die Konteninhaber anonym bleiben wollen. Sie können sich aber auch den deutschen Behörden offenbaren, dann wird nach deutschem Steuerrecht verfahren, was zu einer geringeren Belastung führt, weil der Erbschaftsteuersatz in der Regel um 20 Prozent liegt. Offenkundig soll die Regelung die Erben von Schweizer Konten zur Offenlegung veranlassen.

Außerdem wurde vereinbart – ein Punkt, der SPD, Grünen und Linken nicht weit genug geht –, dass bereits mit Inkrafttreten des Abkommens zum 1. Januar 2013 eine Verlagerung von Vermögen aus der Schweiz in Drittländer ohne eine Meldung an deutsche Behörden nicht mehr möglich ist. Die Sozialdemokraten verlangen hier einen früheren Zeitpunkt, am besten sogar rückwirkend.

Um das Abkommen bald unter Dach und Fach zu bekommen, hat die Schweizer Regierung noch ein Zugeständnis gemacht. Die Kontrollmöglichkeiten der deutschen Behörden in der Schweiz wurden erweitert. Nun sind binnen zwei Jahren 1300 Auskunftsersuchen bei Schweizer Banken möglich, zuvor waren es 999.

Bei der Nachversteuerung haben deutsche Konteninhaber drei Möglichkeiten. Entweder sie ermächtigen ihre Bank, die Kontendaten über die Schweizer Steuerverwaltung an die deutschen Finanzbehörden zu melden. Oder sie willigen in das anonyme Verfahren ein – dann ziehen die Banken die vereinbarte Abschlagzahlung zugunsten des deutschen Fiskus ein. Wenn ein Kontoinhaber beides nicht will, muss die Bank das Konto in der Schweiz schließen. Wo eventuell ein neues eröffnet wird, bleibt im Einzelfall aber geheim. Allerdings muss die Schweiz pauschal melden, in welche Länder jene Kunden gingen, die das Konto in der Schweiz auflösten. Auch bei der Versteuerung künftiger Vermögenszuwächse gibt es die freiwillige Meldung oder die anonyme Überweisung – dann wird die auch in Deutschland geltende Abgeltungssteuer in Höhe von gut 26 Prozent fällig.

Nach Ansicht des Düsseldorfer Fachanwalts Thomas Koblenzer ist das nachverhandelte Abkommen allerdings zum Teil nur Kosmetik. So werde der hohe Abschlagssatz von 41 Prozent kaum je erreicht. Der Großteil der Vermögen werde wohl nachträglich mit etwa 25 Prozent versteuert, sagt er dem Tagesspiegel. Damit seien dann aber sämtliche möglichen Forderungen abgegolten – inklusive eventueller Steuern auf frühere Erbschaften oder Gewerbesteuerzahlungen. Insofern sei das Abkommen für die Vermögenden durchaus günstig. Andererseits bestehe in Deutschland eine Verjährungsfrist von zehn Jahren bei Steuervergehen. Jede Verzögerung würde als zu einem Verlust für den deutschen Staat führen.

Die SPD kritisiert, dass es weiterhin Schlupflöcher gebe. Eines gibt es offenbar im Fall von Erbschaften. Schweizer Banken müssen nach dem Ergänzungsprotokoll Konten einfrieren, sobald sie Kenntnis vom Tod eines Kontoinhabers erlangen. Die Erben müssen sich dann, wie gesagt, entscheiden, ob sie die anonyme Variante mit 50 Prozent Abzug wählen oder sich dem deutschen Finanzamt offenbaren. Allerdings gilt das laut Koblenzer nach dem neuen Zusatzprotokoll nicht für Schenkungen.

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