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Eine Sondersteuer für Athen?

© imago/ZUMA Press

Steuererhöhung wegen Griechenland?: Kein Alarmismus bitte, Clemens Fuest

Der Ökonom Clemens Fuest schlägt einen höheren Soli vor, um Griechenland-Hilfen zu finanzieren. Doch Alarmismus ist in der jetzigen Situation nicht das Klügste. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Clemens Fuest gehört zweifellos zu den seriösen Ökonomen. Er hat immer den Eindruck eines besonnenen Begleiters der schwierigen Operation der Griechenland-Rettung gemacht.  Seine Zweifel, ob sie klappen wird, sind auch nicht von der Hand zu weisen. Aber wie so viele Ansichten aus der vielfältig meinungsfreudigen Ökonomenzunft sind auch Fuests Voraussagen nicht mehr als Orakelsprüche, von denen man heute nicht wissen kann, ob und wie weit sie morgen Wirklichkeit werden.

Die Euro-Länder haben am Wochenende beschlossen, es mit einem dritten Hilfsprogramm für Athen zu versuchen. Es ist mit harten Bedingungen verknüpft, von denen das griechische Parlament jetzt einige akzeptiert hat. Wenn einige andere Parlamente zustimmen, heute wird der Bundestag dafür zusammentreten, dann können Verhandlungen beginnen.

 Transfers, keine Kredite

Fuest sagt, es handele sich jetzt nicht mehr um Kreditleistungen, sondern man müsse die 86 Milliarden Euro, um die es insgesamt über drei Jahre hinweg wohl gehen wird, jetzt schon abschreiben. Griechenland sei überschuldet, da schließt sich Fuest der Meinung des Internationalen Währungsfonds an, es könne mithin ohne einen richtigen Schuldenschnitt seine Kredite nicht mehr bedienen.

Clemens Fuest
Clemens Fuest

© dpa

Immerhin: Eine Schuldenerleichterung, die einem teilweisen Schuldenschnitt gleichkommt, wird zur neuen Griechen-Hilfe gehören. Und wie viel von den 86 Milliarden wirklich abgeschrieben werden müssen, und von den weit höheren Summen aus den anderen Hilfspaketen, das lässt sich seriös heute nicht sagen. Deutschland ist im Falle Griechenland ein maximales Haftungsrisiko eingegangen, das je nach Rechnung wohl zwischen 77 und mehr als 100 Milliarden Euro liegt. Ob diese Summe bei einem Grexit oder einer anderen Form des Zahlungsausfalls wirklich vollständig weg ist, kann niemand sagen. Zumal auch im neuen Programm Hilfen erst fließen, wenn Bedingungen erfüllt sind. Vorerst kann man auch darauf hoffen, dass die griechische Politik nach dem schockartigen Verlauf der vergangenen Wochen mehr unternimmt als bisher, um das Land auf Wachstumskurs zu bringen und den Staat so weit zu reformieren, dass er einigermaßen nach europäischen Standards funktioniert. Auch wenn Optimismus derzeit nicht die nächstliegende Haltung zur Krise in Athen ist – man sollte ihn vielleicht noch nicht völlig aufgeben.

 Zumindest voreilig

Fuests Vorschlag, schon jetzt den Solidaritätszuschlag von 5,5 auf acht Prozent zu heben ("Sondersteuer für Athen"), um damit die angeblichen Transferzahlungen zu leisten, ist alarmistisch, unbedacht und zumindest voreilig. Denn man kann nicht einfach Gesetze machen auf der Grundlage von mehr oder weniger plausiblen Meinungen. Es müssen dann schon Tatsachen sein. Eine Steuererhöhung auf Verdacht kann es nicht geben. Zudem: Würde man den Soli erhöhen, würden die Einnahmen daraus zu einem Überschuss im Bundesetat führen. Nach der aktuellen Rechtslage  aber müssen solche Überschüsse, vereinfacht gesagt, zur Schuldentilgung verwendet werden. Einen Sondertopf aufzumachen, weil sich möglicherweise oder auch mit einiger Wahrscheinlichkeit demnächst in Athen der Zahlungsausfall ereignet – das ist eine merkwürdige Vorstellung. Es gibt einen Beschluss der Euro-Länder, es mit Athen noch einmal zu versuchen. Jede Vorkehrung, die den Eindruck erweckt, dass man es nicht ernst meint, wird in Griechenland als Zeichen gedeutet werden, es ebenfalls nicht ernst meinen zu müssen.

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