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Der Ankauf von Steuer-CDs ist umstritten - aber einträglich.

© dpa

Steuerflucht in die Schweiz: Die CD bringt's ans Licht - und Geld in die Staatskasse

Die jüngste CD mit Daten über Steuersünder, die ihr Geld in der Schweiz gebunkert haben, bringt deutlich mehr ein als erwartet. Was bedeutet das für das deutsch-schweizerische Steuerabkommen?

Der „Ertrag“ der Steuersünder-CD von der Schweizer UBS-Bank, die jetzt von nordrhein-westfälischen Steuerfahndern ausgewertet wurde, ist erklecklich. Und das, was die Fahnder im Zusammenhang damit herausfanden, hat den NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) in seiner Ablehnung des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens bestärkt. Das wird er am kommenden Freitag auch dem Vorsitzenden des UBS-Verwaltungsrates, dem früheren Bundesbankchef Axel Weber, deutlich machen. Denn eigentlich will Weber den nordrhein-westfälischen Kassenwart bei dem Treffen von den Vorteilen des Steuerabkommens überzeugen.

Insbesondere eine Bemerkung Webers in einem großen deutschen Nachrichtenmagazin hatte Walter-Borjans irritiert: Darin erinnerte der frühere Bundesbankchef daran, dass er die West-LB in seiner Frankfurter Zeit mindestens drei Mal gerettet habe. „Wenn er glaubt, ich komme ihm deshalb jetzt beim Steuerabkommen mit der Schweiz entgegen, hat er sich getäuscht“, sagte der nordrhein-westfälische Finanzminister dem Tagesspiegel. Im Übrigen will Walter-Borjans dem UBS-Verwaltungsratschef davon berichten, was ihm seine Steuerfahnder erzählen – und das wird Weber nicht gefallen. Betont doch Weber überall, die eidgenössischen Banken hätten die Lehren aus den vielen Schwarzgeldskandalen gezogen und sich endlich für die Weißgeldstrategie entschieden. Walter-Borjans will hingegen ausreichend Belege liefern, dass Weber auf diesem Feld möglicherweise von den eigenen Leuten nicht vollständig informiert wird.

3,5 Millionen Euro soll die Steuersünder-CD nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ einst gekostet haben. Und obwohl die Fahnder bisher nur einen Bruchteil der darauf dokumentierten Fälle wirklich untersucht haben, gehen sie davon aus, dass sie insgesamt mehr als drei Milliarden Euro an Vermögenswerten gefunden haben und am Ende allein aus diesen Quellen mehr als eine Milliarde an den bundesdeutschen Fiskus fließen wird. Mehrere Staatsanwälte und rund 80 Steuerfahnder hatten Durchsuchungen bei UBS-Kunden aus Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Bayern, Baden-Württemberg und Hessen vorgenommen. Die Betroffenen zeigten sich laut Staatsanwaltschaft bis auf wenige Ausnahmen geständig. Sie leisteten bereits Abschlagszahlungen von etwa 20 Millionen Euro auf die zu erwartende Steuernachforderung oder kündigten entsprechende Zahlungen an. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen wies darauf hin, dass es sich bei den auf der CD genannten Stiftungen ausschließlich um liechtensteinische handle. Dies habe die Bochumer Staatsanwaltschaft dem Verband bestätigt.

Neben den allgemeinen Zahlen empört die Fahnder die Kaltblütigkeit, mit der die Eidgenossen bis heute dafür sorgen, dass sich die deutsche Klienten weiter dem Zugriff des Finanzamtes entziehen können. Nur etwa jeder zehnte der auf der UBS-CD registrierten Steuersünder hat sich bisher durch eine Selbstanzeige bei den Behörden gemeldet. Viele scheinen noch abzuwarten oder überhaupt nicht zu planen, sich zu offenbaren. „Die setzen nach wie vor auf die Unterstützung durch die Banken, die sich aktiv daran beteiligen, die Hintergründe zu verschleiern“, berichtet einer, der die Fakten kennt.

„Schäuble kann uns da nicht kaufen“

So sind die Fahnder auf Hinweise gestoßen, dass die Schweizer Banken noch in der jüngeren Vergangenheit massiv geholfen haben, die deutschen Behörden ins Leere laufen zu lassen. Nachdem etwa die Konstruktionen über Liechtensteiner Stiftungen keine Sicherheit mehr bieten, weil sich das Steuerparadies gezwungen sah, ab 2010 Auskünfte zu den Hintergründen von Stiftungen zu geben, haben die Schweizer Banken offensichtlich neue Schlupflöcher geschaffen. „Die haben schon 2009 Konten geräumt und Vermögen umgeschichtet, so dass man ab 2010 nichts mehr findet“, argwöhnen die Fahnder. In den jetzt vorliegenden Daten seien entsprechende Hinweise aufgetaucht. Demnach sind Gelder auf andere Konten verschoben worden, und das kann ihrer Einschätzung nach nicht ohne die aktive Mithilfe der Banken – also auch der UBS – passiert sein. „Da war und ist ein System dahinter, das endet nicht 2009 oder 2010“, sagt auch Manfred Lehmann, Chef der Steuergewerkschaft in Nordrhein-Westfalen.

All das wird Finanzminister Walter-Borjans dem früheren Bundesbankchef berichten und ihm endgültig klarmachen, dass der Bundesrat dem Abkommen auch im Vermittlungsverfahren nicht mehr zustimmen wird. „Schäuble kann uns da nicht kaufen“, legt er sich fest und fügt hinzu: „Es wäre im Übrigen noch schöner, wenn er uns mit dem Geld der ehrlichen Steuerzahler bestechen würde, damit die deutschen Steuerhinterzieher ihr Geld weiter unbehelligt in der Schweiz bunkern können.“ Walter-Borjans weiß, dass seine Fahnder die Politik im Moment genau beobachten und dass jedes Einknicken vor der eidgenössischen Lobby negative Folgen hätte, vor allem auf die Motivation der Leute.

Walter-Borjans hat sich kürzlich beim Essener Finanzamt für Steuerstrafsachen darüber informiert, wie erfolgreich die Fahnder im Zusammenhang mit Bargeldfunden sind. Die Essener werden bundesweit eingeschaltet, wenn der Zoll oder die Polizei größere Bargeldsummen finden und der Verdacht im Raum steht, dass Steuerstraftatbestände eine Rolle spielen. Die Ermittler haben in den zurückliegenden zwei Jahren bundesweit rund 10 000 Personen aufgespürt und 373 Millionen Euro in bar einkassiert. Zusätzlich sind ihnen Kontoauszüge über ausländische Geldanlagen der deutschen Steuerbürger von mehr als 1,5 Milliarden Euro in die Hände gefallen. „Denen bin ich schuldig, dass ich hart bleibe“, will der NRW-Finanzminister dem UBS Verwaltungsratschef am Freitag erklären. (mit AFP)

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