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Politik: Steuern runter – die Union macht mit

Merkel und Stoiber wollen sich mit Rot-Grün noch vor dem Herbst einigen / CSU-Chef jetzt auch für neue Schulden

Von Robert Birnbaum

Berlin. Die Union hat sich nach anfänglichem Widerstand nun doch entschlossen, die Steuerreform-Pläne der Bundesregierung zu unterstützen. CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber versicherten, die Union werde keinen Blockadekurs betreiben. Allerdings müsse für die Finanzierung der Steuerentlastung ein vernünftiger Weg gefunden werden. In einem Brief an Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) drängten Merkel und Stoiber auf Entscheidungen noch vor dem Herbst. Schröder schlug im Gegenzug ein baldiges Treffen vor. EU-Finanzkommissar Pedro Solbes mahnte weitere Sparbemühungen an.

Von R. Birnbaum, C. Visser

und F. Wisdorff

Die Spitzen der Union waren intern unter erheblichen Druck geraten, ihre Position klarzustellen. So war am Montagabend im CDU/CSU-Fraktionsvorstand deutlich geworden, dass selbst führende Unionspolitiker im widersprüchlichen Stimmengewirr der letzten Tage die Linie nicht mehr erkannten. Abgeordnete berichteten aus den Wahlkreisen, dass die geplante Steuersenkung von den Bürgern begrüßt und kritische Einwände als Mäkelei empfunden würden.

Stoiber sagte in Berlin: „Wir ermöglichen dieses Vorziehen der Steuerreform, weil sie gewisse konjunkturelle Impulse auslösen kann.“ Allerdings müsse die Regierung Vorschläge zur Gegenfinanzierung vorlegen. Auch Merkel betonte, die Regierung habe die Pflicht, hier in Vorlage zu treten. Eine komplette Schulden-Finanzierung lehnte Stoiber ab, signalisierte aber Bereitschaft, bis zu einem Drittel der erwarteten Ausfälle von 18 Milliarden Euro durch neue Schulden zu decken. Beim Subventionsabbau lehnte er einen Abbau der Pendler-Pauschale ab und plädierte für flächendeckende Kürzungen. In einem Schreiben an Schröder drängten Merkel und Stoiber zur Eile. Die Reform dürfe nicht bis zum Herbst „zerredet“ werden.

Schröder, der am Donnerstag im Bundestag die Regierungspläne erläutern will, schlug Gespräche noch vor einem möglichen Vermittlungsverfahren vor. Die politischen Lager sollten jetzt „einen Moment vergessen, was uns trennt“.

EU-Währungskommissar Pedro Solbes ermahnte die Bundesregierung, im nächsten Jahr die Neuverschuldung unter der Maastricht-Grenze von drei Prozent zu halten. Dabei sehe er wegen der vorgezogenen Steuerreform „einige Risiken“, sagte Solbes auf einem internationalen SPD-Wirtschaftskongress. Schröder und Finanzminister Hans Eichel sicherten ihr grundsätzliches Bemühen zu, die Regeln des EU-Stabilitätspakts zu beachten. Eichel kündigte an, „bei den Subventionen und in anderen Bereichen“ müsse im Herbst „nachjustiert“ werden. Die Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) plädierten dafür, das Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform im Jahr 2004 zunächst komplett durch neue Schulden zu finanzieren. Erst 2005 müsse ein konsequenter Subventionsabbau wirksam werden, damit die positiven Impulse der Steuersenkung nicht vorher verpufften. Zwar werde dann die Maastricht-Grenze erneut verletzt, doch sei der europäische Stabilitätspakt in seiner bisherigen Form ohnehin tot, sagte der DIW-Konjunkturexperte Gustav Horn.

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