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Der Soli ist für die Finanzierung von Bundeszuschüssen a ndie Ost-Länder da.

© Roland Weihrauch/dpa

Steuerpolitik im neuen Jahr: Kippt der Soli 2019?

Die für das neue Jahr geplanten Entlastungen fallen mager aus. Doch nach der Union zeigen sich nun auch SPD-Politiker für eine frühere Soli-Abschaffung offen.

Das politische Jahr beginnt traditionell in Bayern. Dort versammelt sich, kaum ist der Silvester-Kater ausgestanden, die CSU-Landesgruppe im Bundestag zu ihrer Winterklausur. Früher fand sie, ein legendärer Ort, in Wildbad Kreuth statt. Neuerdings trifft man sich im Kloster Seeon.

Der Anspruch ist stets ein großer: Beschlüsse sollen wegweisend sein. So auch jetzt. Im Antragspapier ist von einer „Brandmauer“ die Rede, die „gegen die Steuer- und Abgabenlast der Menschen in unserem Land“ errichtet werden soll. Die CSU-Landesgruppe begleitet die Arbeit der diversen Bundesregierungen mit Angela Merkel an der Spitze seit 2005. Sie weiß also, wovon sie redet.

Das Konzept der „Steuerbremse“ bedeutet, „dass künftig in jedem Jahr auf Grundlage der Frühjahrs-Steuerschätzung konkrete Maßnahmen geprüft und ergriffen werden, um die steuerliche Belastung der Menschen nicht weiter steigen zu lassen“, heißt es nach einem Bericht der "Welt" in dem Papier.

Immerhin: Ein bisschen hat die Bundesregierung für 2019 schon vorgearbeitet. Dank der Anpassungen der Freibeträge und der Steuerprogression an die Inflation, die seit einigen Jahren vom Bundesverfassungsgericht vorgeschrieben sind, wirkt sie der Mehrbelastung entgegen.

Da Kindergeld und Kinderfreibetrag etwas stärker angehoben werden, kommen Familien mit Nachwuchs etwas besser weg als Singles und kinderlose Paare. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sinkt dank guter Beschäftigungslage recht deutlich von drei auf 2,5 Prozent.

Allerdings fällt der Beitrag zur Pflegeversicherung höher aus, was die Entlastungswirkung bei den Sozialabgaben mindert. Geringverdiener zahlen von der Jahresmitte an generell etwas geringere Sozialbeiträge, da sie steuerlich nicht zu entlasten sind. Bedürftige bekommen eine etwas höhere Grundsicherung von acht Euro im Monat.

Eine echte Entlastung?

Ist das nun, insgesamt gesehen, eine echte Entlastung? Oder eben nur die Verhinderung von Mehrbelastung? Denn Inflation – auch wenn sie wieder eher gering ausfallen sollte – frisst bekanntlich Kaufkraft. Der Finanzwissenschaftler Frank Hechner ist ein Experte im Berechnen solcher Umstellungen.

Dem „Handelsblatt“ sagte er, die Änderungen führten zu „spürbaren Entlastungen“. Laut Hechner läuft es bei Singles mit einem Monatseinkommen von 3000 Euro auf eine Entlastung von 283 Euro im Jahr hinaus. Bei einem angenommen Jahresgehalt von 36000 Euro (ohne Urlaubs- und Weihnachtsgeld) beträgt die Wirkung also weniger als ein Prozent brutto und etwas darüber, nimmt man das Nettoeinkommen.

Bei Erziehenden, ob alleine oder in Paarfamilien, kann die Wirkung einen Tick höher ausfallen. Für ein Doppelverdienerpaar mit zwei Kindern und je 4000 Euro Monatseinkommen (oder zusammen knapp 100000 Euro im Jahr) springen laut Hechner 849 Euro heraus.

Gehaltserhöhungen führen natürlich wegen der Progression, also dem mit wachsendem Einkommen steigenden Steuersatz, trotzdem zu höheren Steuerzahlungen. Und weil es die auch 2019 geben wird, wird der Fiskus auch wieder mehr einnehmen als in diesem Jahr. Für 2018 rechnen Bund und Länder mit Haushaltsüberschüssen.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) verwaltet einen Etat mit einigen Rücklagen, die dann nochmals wachsen dürften, wenn der Haushaltsabschluss für das laufende Jahr gemacht ist. Der Staat hat derzeit Geld im Überfluss. Und damit stellt sich den Regierenden die Frage, ob sie weiter zurücklegen für schlechtere Zeiten. Oder ob zusätzliche Entlastungen eine Möglichkeit wären.

Stephan Weil prescht wieder vor

Wie seit Jahren üblich rückt da der Solidaritätszuschlag in den Blick. Zum Beispiel von Stephan Weil. Der Sozialdemokrat ist zwar als Ministerpräsident von Niedersachsen sozusagen unzuständig, denn der „Soli“, ein Zuschlag auf die Einkommensteuer, wandert allein in den Bundesetat, also in Scholzens Kasse.

Aber Weil weiß auch, dass sich der Zweck des Zuschlags, die Finanzierung von Bundeszuschüssen an die Ost-Länder, mit dem Ende des Solidarpakts 2019 erledigt hat. Zwar steuert der Bund in den sich dann anschließenden neuen Finanzausgleich der Länder einige Milliarden bei, aber der Großteil der Soli-Summe von fast 20 Milliarden Euro macht nicht die Länder, sondern eben den Bund reicher, der ohnehin Mühe hat, sein Geld loszuwerden und sich daher mit Digitalpakten oder Gute-Kita-Gesetzen kräftig ans Mitfinanzieren der Aufgaben von Ländern und Kommunen macht. Also schlägt Weil vor, den im Koalitionsvertrag für 2021 beschlossenen Abbau des Soli vorzuziehen. „Spielräume“ seien vorhanden, sagte er der Funke-Mediengruppe.

Für die breite Mitte

Im nächsten Bundestagswahljahr, so der bisherige Plan der Koalition, sollte der Soli für 90 Prozent der Zahler enden. Was natürlich nicht heißt, dass er zu 90 Prozent abgeschafft würde – denn die oberen zehn Prozent tragen dank hoher Einkommen den Löwenanteil zur Gesamtsumme bei (während Geringverdiener vom Zuschlag befreit sind).

Das Minus für Scholz und die Koalition wäre also angesichts gefüllter Kassen überschaubar. Die breite Mitte aber, auf die Weil auch schon mit früheren Steuervorschlägen zielte, wäre tatsächlich einmal entlastet. Der moderate Kaufkraftzuwachs könnte den Binnenkonsum etwas beleben, was bei nachlassendem Wirtschaftswachstum kein Nachteil wäre.

Die Koalitionspartnerinnen müsste die SPD nicht überzeugen. Die CDU beschloss den Abbau schon auf ihrem Parteitag Anfang Dezember. Und die CSU, siehe oben, ist ohnehin auf dem Entlastungspfad. Die FDP wiederum hätte ein Thema weniger und müsste die Entlastung der Besser- und Bestverdiener fordern. Und was würde das jeweils etwa bringen? Auch da hat Hechner gerechnet. Ein Single mit 2500 Euro brutto im Monat hätte knapp 200 Euro mehr im Jahr, bei einem Monatseinkommen von 4000 Euro wären es schon 455 Euro.

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