zum Hauptinhalt

Politik: Steuerreform: Sechs Ökonomie-Professoren verteidigen die Opposition - Wo Merz Recht hat

Die Verfasser des folgenden Textes - Theodor Siegel, Peter Bareis, Norbert Herzig, Dieter Schneider, Franz W. Wagner und Ekkehard Wenger - sind Professoren der Betriebswirtschaft in Berlin, Stuttgart, Köln, Bochum, Tübingen und Würzburg.

Die Verfasser des folgenden Textes - Theodor Siegel, Peter Bareis, Norbert Herzig, Dieter Schneider, Franz W. Wagner und Ekkehard Wenger - sind Professoren der Betriebswirtschaft in Berlin, Stuttgart, Köln, Bochum, Tübingen und Würzburg. Sie sind zudem die Initiatoren des von 78 Professoren getragenen Aufrufs zur Verteidigung des Anrechnungsverfahrens.

Der Kanzler hat der Opposition eine "fundamentalistisch angelegte" Strategie in der Steuerreformdebatte vorgeworfen. Dies hat uns erstaunt. Warum soll es schlecht sein, wenn die Gedanken ein Fundament haben? Bei Steuergesetzen ist dies ebenso. Und deren Fundament kann nur sein: Gleiches Einkommen muss gleich besteuert werden.

Da Minister Eichels Halbeinkünfteverfahren gegen das Prinzip der Gleichheit im Steuerrecht fundamental verstößt, muss es abgelehnt werden. Schon der Name macht klar, dass es nicht um ganze Sachen geht. Das Anrechnungsverfahren - unsere seit mehr als zwei Jahrzehnten praktizierte Körperschaftssteuer - ermöglicht Gleichbehandlung! Dies hat noch niemand bestritten, aber es wird so getan, als spiele Gleichmäßigkeit der Besteuerung keine Rolle. Dabei wird verschwiegen, dass der Kleinaktionär nach der Reform ungerechtfertigt mehr Steuern tragen müsste als vorher, und zwar im Extremfall 25 Prozent statt null Prozent. Bei Grenzsteuersätzen über 40 Prozent hätte der wohlhabende Aktionär nach der Reform einen ungerechtfertigten Vorteil. Weil die Idee, nur Besserverdienende besser zu stellen, von SPD/Grünen kommt, denkt man: Man ist im falschen Film. Es liegt auf der Hand, dass das Ziel, Eigenkapitalbildung bei breiten Schichten zu erreichen, so gerade nicht erreicht werden kann.

Auch die Behauptung, die Reform benachteilige nicht den Mittelstand, wird durch Wiederholungen nicht richtiger: Wenn eine Kapitalgesellschaft von ihrem Gewinn rund 63 Prozent ... wieder anlegen kann, der mittelständische Personenunternehmer aber nur 55 Prozent ..., kann man die Benachteiligung des letzteren nicht wegreden. Weil dies nicht geht, wird das Problem einfach totgeschwiegen.

Nicht überzeugend ist auch das Argument der fehlenden Europatauglichkeit des Anrechnungsverfahrens, da erforderlichenfalls ausreichend Möglichkeiten bestehen, die Europatauglichkeit im Rahmen des geltenden Systems herzustellen. Berechnungen zeigen im übrigen für typische Fälle, dass dem deutschen Fiskus bei Anwendung des Anrechnungsverfahrens mehr zukommen würde als im Halbeinkünfteverfahren.

Zweifelhaft ist auch die Behauptung, das Anrechnungsverfahren würde 40 Milliarden DM kosten. Damit wird der Umfang der Benachteiligung eines Teiles der Steuerpflichtigen indirekt eingestanden. Es geht einfach nicht, dass manchen Bürgern Steuerentlastung gewährt wird und anderen nicht. Wenn möglich, sind Steuerentlastungen für alle zu gewähren und nicht Entlastungen des einen Teils durch Mehrbelastungen des anderen Teils der Bevölkerung zu finanzieren. Eine Steuerreform ist sinnvoll, aber eine Steuerreform auf dem Fundament der Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen. Für Steuerentlastungen, die eine Ankurbelung der Wirtschaft erwarten lassen, sind wir alle. Doch ist es bloße Stimmungsmache, wenn von interessierten (weil begünstigten) Kreisen behauptet wird, es entstehe ein Schaden für die Wirtschaft, wenn die Steuerreform nicht nach der Regierungsvorstellung auf dem Fundament der Ungleichbehandlung verabschiedet wird.

SPD und Grüne treten das Gleichheitsprinzip mit Füßen und arbeiten dabei den Besserverdienenden zu. Das Schlimme ist, dass sie dies weder wollen noch merken. Hierfür müssten sie die Fundamente des Steuersystems kennen, über die sie sich gerade lustig machen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false