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Politik: Steuerreform: Spannung bis zur letzten Minute vor der Abstimmung im Budesrat

Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern machen es spannend, letztlich wird vielleicht mal wieder die FDP den Auschlag geben. Und was macht Berlin?

Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern machen es spannend, letztlich wird vielleicht mal wieder die FDP den Auschlag geben. Und was macht Berlin? Im Abstimmungskrimi um die Haltung der Bundesländer zur rot-grünen Steuerreform zeichnete sich am Donnerstag, einen Tag vor der Sitzung des Bundesrats (der letzten des Gremiums in Bonn), eine sehr knappe Entscheidung ab - mit Gesprächen zwischen Bund und Ländern bis in den späten Abend hinein. Die Chance, dass es zu einer Verabschiedung kommen könnte - und damit ein steuerpolitisches Sommertheater vermieden wird - war nicht geringer als an den Vortagen.

Die Bundesregierung ließ nichts aus. Zum Schluss reichte auch Telefonieren nicht mehr aus. Die letzten Zauderer aus den Bundesländern kann Bundeskanzler Gerhard Schröder nur persönlich auf die Steuerreform ein schwören. So scheute sich der SPD-Kanzler auch nicht, mit der PDS-Führung aus Mecklenburg-Vorpommern über die Zugeständnisse für das Land nach der Steuerreform zu verhandeln. Im Kanzleramt empfing Schröder am späten Donnerstagnachmittag den Schweriner Arbeitsminister Helmut Holter, dessen PDS im Nordosten mit der SPD koaliert. Die PDS hatte für eine Zustimmung weitgehende Kompensationen der steuerreformbedingten Einnahmeausfälle des Landes in Höhe von 500 Millionen Mark geltend gemacht. Die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel erklärte zu dem Treffen: "Schröder schreckt vor nichts zurück. Er buhlt um die PDS, und die PDS verrät die Interessen Ostdeutschlands. Was für eine Konstellation für die Bundesrepublik Deutschland!"

Die SPD-Ministerpräsidenten der Bundesländer hatten dann am Abend in Bonn ihr Stelldichein mit dem Kanzler. Egal welche politische Lage sie zuhause haben, wollte sie Schröder doch noch einmal persönlich von den Vorzügen der Steuerreform auch für die Bundesländer überzeugen. Denn alle auch noch so kritischen Punkte, die in einem späteren Vermittlungsverfahren eventuell kippen könnten, kommen die Länder teurer.

Vor allem die Wackelkandidaten aus Bremen, Brandenburg, Berlin und Rheinland-Pfalz galt es am Abend auf Linie zu bringen. Wenn sie es zu dem Zeitpunkt nicht längst waren. Auf die Rednerliste für die Debatte im Bundesrat hatten sich die Regierungschefs der "neutralen" Länder jedenfalls nicht setzen lassen. Reden wollten (Stand Donnerstagabend) nur diejenigen, die schon wussten, was sie tun würden: die Unions-Länderchefs Edmund Stoiber und Erwin Teufel, die dagegen stimmen, die SPD-Politiker Ortwin Runde, Peer Steinbrück und Sigmar Gabriel, die natürlich dafür sind.

Und die Wackler? Von Bremens Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) war zu hören, dass er sich ausschließlich dem Wohle seines Landes und vor allem der dortigen desolaten Finanzsituation verpflichtet fühlt. Auch Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm erinnerte an die politische Fürsorgepflicht für das Bundesland. Schließlich geht es ihnen nicht nur um die nach dem nächsten Vermittlungsergebnis teurer werdende Steuerreform, sondern auch um die aus dem Kanzleramt in Aussicht gestellten Vergünstigungen. Der Potsdamer Ministerpräsident Stolpe und Schönbohm wollen am Freitag gemeinsam an der Abstimmung im Bundesrat teilnehmen. Schönbohm hatte in den vergangenen Tagen Änderungen der Regierungspläne gefordert, zuletzt jedoch signalisiert, er akzeptiere eine Entscheidung Stolpes "nach pflichtgemäßem Ermessen". Die Koalition werde an der Abstimmung nicht zerbrechen, sagte Schönbohm, der auch Mitglied im CDU-Präsidium ist.

Kenner des Tauziehens im Bundesrat bei vergleichbar kniffligen Gesetzen gehen davon aus, dass sich die Wackelkandidaten erst in letzter Minute entscheiden. "Auf diese Art kann man sich dem parteipolitischen Druck entziehen", sagt Staatssekretär Helmut Holl, der für das SPD-geführte Niedersachsen schon manch ein druckgeprüftes Verfahren durch die Länderkammer bugsiert hat. "In der Vergangenheit hat es sich als richtig erwiesen, sich erst in der letzten Minute zu entscheiden", weiß Holl.

Zusätzlich zu allen Ungewissheiten kann es noch zu einem Aus für Finanzminister Hans Eichel kommen, wenn die Bundesratsmitglieder eine namentliche Abstimmung beantragen. Dann müssen die Koalitionäre in den Bundesländern einzeln und nicht im Block abstimmen. Mit anderen Worten: Es würde deutlich, in wie weit die Parteiräson auf die CDU-Politiker und den FDP-Vertreter für Rheinland-Pfalz greift. Oder ob sich die Herren dann immer noch ihrem Land verpflichtet fühlen und mit der SPD und den Grünen stimmen. Für den Fall, dass aus einem Land unterschiedliche Stimmen kommen, gelten diese Stimmen nicht.

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