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Politik: Steuersenkung kommt – aber halbiert

Union setzt sich mit Merkels Vorschlag im Vermittlungsausschuss durch / Schröder ist dennoch zufrieden

Berlin. Deutschlands Steuerzahler werden 2004 um 7,8 Milliarden weniger entlastet als von der Bundesregierung geplant. Der Vermittlungsausschuss halbierte am Montagmorgen nach zehnstündigen Verhandlungen die von Bundeskanzler Gerhard Schröder in Aussicht gestellte zusätzliche Steuersenkung. Die Union setzte zudem eine Begrenzung der Neuverschuldung, die Lockerung des Kündigungsschutzes sowie schärfere Zumutbarkeitsregeln für Langzeitarbeitslose durch. Alle Parteien begrüßten den Reformkompromiss. Die SPD-Führung fürchtet um die eigene Mehrheit, wenn das Reformpaket am Freitag vom Bundestag verabschiedet wird.

Von Markus Feldenkirchen

und Esther Kogelboom

Zur Gegenfinanzierung der vorgezogenen Steuersenkung sind Privatisierungserlöse und eine Neuverschuldung von unter 25 Prozent vorgesehen. Die Eigenheimzulage soll um 30 Prozent gekürzt werden, die Pendlerpauschale sinkt auf 30 Cent. Von der zusätzlichen Entlastung profitieren vor allem untere und mittlere Einkommensklassen.

„Das ist das Signal, auf das die Menschen in Deutschland gewartet haben“, sagte Schröder. Die Einigung zeige, dass Deutschland zu Reformen in der Lage sei. Der Kompromiss gehe „ absolut in Ordnung“, sei aber erst „der Anfang eines Prozesses“. „Dies sind Ergebnisse, die sich sehen lassen können“, sagte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering. Auch das SPD-Präsidium billigte die Beschlüsse.

Die CDU wertete den Reformkompromiss als eigenen Erfolg. „Das ist ein gutes Ergebnis für die CDU, aber auch für unser Land“, sagte Parteichefin Angela Merkel. Sie nahm für sich in Anspruch, den entscheidenden Vorschlag für die geringere Senkung der Steuersätze gemacht zu haben. „Ich war nicht unbeteiligt“, sagte sie. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff wertete die Einigung als „großen persönlichen Erfolg für Angela Merkel“. FDP-Chef Guido Westerwelle lobte den Kompromiss. „Da ist viel blau-gelbe Tinte drin.“ Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer sprach von „überwiegend positiven Elementen“, es habe aber keinen Sinn, die negativen wegzureden.

Der Kündigungsschutz soll bei Neueinstellungen erst in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern gelten. Die Koalition hatte eine Grenze von fünf vorgesehen. Zudem soll für Unterstützungsempfänger jede legale Arbeit zumutbar sein. Langzeitarbeitslose sollen Arbeit auch unter dem ortsüblichen Lohn annehmen müssen. Arbeitslosen- und Sozialhilfe werden zum Arbeitslosengeld II zusammengelegt. Die Pläne werden aber erst von 2005 an wirksam. Gescheitert sind Union und FDP mit der Forderung, gesetzliche Regelungen für Öffnungsklauseln im Tarifrecht zu fixieren. Stattdessen wird auf freiwillige Vereinbarungen der Tarifpartner gesetzt.

Müntefering rechnet bei der Sondersitzung des Bundestages am Freitag mit einer eigenen rot-grünen Mehrheit für den Reformkompromiss. Er glaube, dass die SPD- Fraktion „geschlossen dahinter stehen wird“. Der SPD-Linke Ottmar Schreiner und Grünen-Fraktionsvize Christian Ströbele kündigten an, die Aufweichung des Kündigungsschutzes und die Verschärfung der Zumutbarkeitsregelung abzulehnen. Im Bundesrat wird Berlin nicht zustimmen, weil die PDS den Kompromiss ablehnt.

Markus Feldenkirchen, Esther Kogelboom

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