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Der Dagegen-Minister. Wolfgang Schäuble hütet die Bundeskasse. Die FDP will Steuern senken. Was macht am Ende die Kanzlerin?

© dpa

Steuerstreit: Schäuble und die Soli-Solisten

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will keine Steuern senken – vom "Plan B" der FDP will er daher auch nichts wissen.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Wolfgang Schäuble, wenn er nur will, kann sich sehr begriffsstutzig stellen. Am Mittwochmittag will der Finanzminister. Was er denn von diesem „Plan B“ der FDP halte als Ausweichlösung für den Fall, dass die geplante Steuersenkung am Bundesrat scheitere? Schäubles Miene zeigt lauteres Unverständnis. Plan B? „Ich hab’ hier“ – der Minister hebt ein DIN-A-4-Blatt vom Tisch hoch – „eine Erklärung der Parteivorsitzenden, und an die halt’ ich mich.“

Die Erklärung, nämlich die Verständigung von Angela Merkel, Horst Seehofer und Philipp Rösler auf eine Steuerentlastung ab 2013, hat das Kabinett kurz vorher verabschiedet – oder, um Schäuble zu zitieren: „zur Kenntnis genommen“. Das ist protokollarisch korrekt. Trotzdem fällt es auf, zumal wenn man weiß, dass seit Tagen wichtige Christdemokraten auf diese Korrektheit gesteigerten Wert legen. „Das ist eben kein Beschluss der Regierung!“ sagt ein anderes Kabinettsmitglied. Umgekehrt bestehen führende Liberale darauf, dass das Steuerpapier als Anlage zum Haushaltsplan für 2012 nunmehr vom Partei- ins Regierungshandeln übergegangen sei. In der Nickelei steckt Stoff für staatsrechtliche Doktorarbeiten, vor allem aber der Keim für ein richtig saftiges koalitionäres Sommertheater.

Dabei hatten die Parteichefs eigentlich gehofft, ihr Grundsatzbeschluss plus Vertagung konkreter Entscheidungen in den Herbst werde den ermüdenden Steuer- Dauerstreit erlahmen lassen. Das Gegenteil ist der Fall. Nicht nur, dass CDU-Spitzenleute weiter gegen einen Koalitionspartner sticheln, dem auch in neuer Besetzung nichts anderes als Steuersenkerei einfalle. Auch die Länder, die CDU-regierten voran, bekräftigen täglich aufs Neue ihren Widerstand.

Und jetzt hat die FDP die Debatte um den Plan B erweitert. Der Finanzexperte Hermann Otto Solms macht ihn öffentlich, aber es ist keine solmsche Privatidee, sondern eine Überlegung bis weit in die neue FDP-Führung hinein: „Wenn die Bundesländer unseren vernünftigen Weg nicht mitgehen wollen, dann kann der Bundestag den Solidaritätszuschlag abbauen“, hat Solms dem „Handelsblatt“ gesagt – als „Notalternative“.

Tatsächlich hätte das Aus für den Soli den Charme, dass der Bundesrat es nicht blockieren kann – die Sondersteuer steht ausschließlich dem Bund zu, der damit seit Langem macht, was er will. In der öffentlichen Wahrnehmung gilt der Zuschlag freilich nach wie vor als als Spezialabgabe zugunsten der Ost-Länder. Die schreien denn auch jedes Mal auf, wenn jemand findet, dass sich der Soli zwei Jahrzehnte nach der Einheit eigentlich erledigt hätte. Solms als alter Fuchs im Politikbetrieb dürfte das einkalkuliert haben. Die CDU-Regierungschefs von Sachsen- Anhalt und Thüringen, Reiner Haseloff und Christine Lieberknecht, verkünden seit Wochen besonders laut, dass sie kein Geld für Steuersenkungen hätten. Sie dürften die Alternative, den Soli zu streichen, als Drohung empfinden.

Das Problem der Freien Demokraten ist nur, dass sie mit diesem Zaunpfahl ganz alleine winken. Deshalb wirkt der Wink eher wie ein nervöses Zappeln mit dem Zeigefinger – als bloßes Signal der finsteren Entschlossenheit an die eigene, bekanntlich stark geschrumpfte Gefolgschaft.

Schäuble indessen hält den Beschluss der Parteichefs nicht nur hoch, sondern liest ihn auch in seinem Sinne. „Ich habe seit Wochen gesagt, dass wir wenig Spielraum für Steuerentlastung haben, dass wir uns aber des Problems der kalten Progression annehmen müssen“, sagt der Finanzminister. Also des Effekts, dass die Steuerprogression von jeder Lohnerhöhung ein Stück gleich wieder wegfrisst; ein Inflationsausgleich kann so zum Netto-Negativgeschäft werden.

Dass die Parteichefs beschlossen haben, diesen Effekt abzumildern, nennt Schäuble ausdrücklich „klug“. Schließlich gehe es um den „Verzicht auf nicht gewollte Steuermehreinnahmen“. Wenn man das eine „Steuerentlastung“ nennen wolle – bitte. Was die Gegenfinanzierung angehe, sei diese Korrektur im Haushaltsplan auch „darstellbar“, ohne die Einhaltung der Schuldenbremse zu gefährden. Wie hoch aber die Entlastung ausfallen könnte, dazu hat der Minister nur einen Orakelspruch parat: „Die ganze Zukunft ist ein Geheimnis.“

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