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Olaf Scholz nach der Bekanntgabe des Ergebnisses des Mitgliedervotums zum Parteivorsitz der SPD im Willy-Brandt-Haus.

© Bernd Von Jutrczenka / dpa

Stichwahl um SPD-Vorsitz: Olaf Scholz – ein Sieger, der zittern muss

Der linke Parteiflügel wird über den SPD-Vorsitz entscheiden – und auch über die Koalition. Doch Scholz kann ihm wenig anbieten. Ein Kommentar.

Von Hans Monath

Die SPD macht es spannend: Favorit Olaf Scholz und seine Mitbewerberin Klara Geywitz haben es mit den meisten Stimmen der Mitglieder in die zweite Runde geschafft. Das ist das eine. Schwerer aber wiegt, dass ihr Vorsprung auf die Nächstplatzierten Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sehr, sehr knapp ist.

Andere Kandidaten waren geschickter

Darüber, wer Ende November als neues Führungsduo der SPD feststeht, entscheiden nun vor allem die Anhänger der vier anderen Kandidaten-Duos. Sie haben die Wahl und müssen sich neu orientieren. Drei der anderen Kandidaten-Paare gehören dem linken Flügel der Partei an, dem damit nun eine Schlüsselfunktion zukommt bei der Entscheidung über die neue Parteiführung. Die wird aller Voraussicht nach auch eine Entscheidung über die Fortsetzung der großen Koalition werden.

Das ist keine gute Nachricht für Olaf Scholz. Andere Kandidaten in den Regionalkonferenzen der SPD hatten die Seele der Partei geschickter gestreichelt, waren rhetorisch überzeugender aufgetreten und hatten der Sehnsucht nach Erneuerung mehr Zucker gegeben.

Es waren vielmehr die Bekanntheit von Scholz, das politische Gewicht und die Beliebtheit des Vizekanzlers in der Bevölkerung, die ihn doch noch den Wahlsieg retteten. Immerhin etwas mehr als ein Fünftel der SPD-Mitglieder haben nicht nur auf die eigene Empfindlichkeit geschaut, sondern überlegt, was beim Wähler gut ankommt.

Haben auch die Anhänger von Saskia Esken und Norber Walter-Borjans so überlegt? Dafür spricht wenig, denn die Bundestagsabgeordnete kennen die meisten Deutschen bislang nicht, und auch der 67 Jahre alte frühere NRW-Finanzminister hatte sich schon aus der Politik zurückgezogen. Er ist nur wenigen außerhalb seines Bundeslandes ein Begriff.

So gut abgeschnitten haben diese beiden, weil sie sich in der Partei als Gegner der Politik der „Schwarzen Null“ von Olaf Scholz profilierten. Und: Sie stehen der großen Koalition kritisch bis ablehnend gegenüber. Auch deshalb etwa haben die dezidiert linken Jusos eine Empfehlung für sie ausgesprochen. Beide werden kein Problem damit haben, dem linken Parteiflügel in der Duellsituation mit Geywitz/Scholz noch weitere Angebote zu machen.

Zugeständnisse beschädigen ihn

Vor der Frage, was sie den Parteilinken noch anbieten können, stehen nun auch Klara Geywitz und Olaf Scholz. Dass der Finanzminister die Zwischenbilanz der großen Koalition völlig unvoreingenommen prüfen will, wie er behauptet, nehmen ihm nur wenige in der Partei ab. Er hat dieses Regierungsbündnis vorbereitet und hält es zusammen. Sein Problem: Jedes weitere inhaltliche Zugeständnis an die Parteilinke beschädigt das Bild vom seriösen Finanzminister, an dem er seit zwei Jahren hart arbeitet, die Kanzlerkandidatur stets im Sinn.

Die mit großem Pathos versprochene Erneuerung können als Personen somit weder Geywitz/Scholz noch Esken/Walter-Borjans verkörpern. Wenn die SPD-Mitglieder unter Erneuerung allerdings das Aufkündigen der Groko verstehen, können sie diese Option wählen. Sollten sie Geywitz/Scholz den Weg an die Spitze verbauen, wäre das eine Misstrauenserklärung. Der Vizekanzler müsste dann eigentlich seine Regierungsämter niederlegen.

Die SPD kämpft um ihre Existenz. Ob sie beim Wähler besser ankäme, wenn sie die deutsche Politik wieder in eine Phase der Unsicherheit stürzt und ihren beliebtesten Politiker in die Wüste schickt, sollte sie sich gut überlegen.

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