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Politik: Stille Reserve

Die CDU in NRW hat einen neuen Finanzskandal – eine Schwarze Kasse des Kreisverbands Leverkusen

Die Anteilnahme war ernst gemeint. „Es tut uns Leid, dass wir andere Termine konterkarieren“, begann Lothar Hegemann seinen kleinen Vortrag, und jeder im Saal verstand den Hinweis des CDU-Schatzmeisters. Schließlich wurde in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt beinahe zeitgleich das neue Kabinett von Ministerpräsident Peer Steinbrück offiziell vorgestellt. Dennoch hatte Hegemann die Presse zusammengerufen, um den Medienvertretern „einen ernsten Vorgang mitzuteilen“, wie er es formulierte. Die eigentliche Botschaft überbrachte anschließend CDU-Generalsekretär Herbert Reul, der sich schon am Wochenende mit den unangenehmen Neuigkeiten aus dem Kreisverband Leverkusen beschäftigen musste und Angela Merkel am Rande des CDU-Parteitages in Hannover auf schlechte Nachrichten aus seinem Landesverband vorbereitet hatte.

„Ich will nicht herumreden und Ihnen alles offen legen“, begann er seine Beichte und ließ dann Fakten sprechen: Der Kreisverband Leverkusen nenne seit einigen Tagen 136 763,40 Euro sein Eigentum und wisse nicht recht, wie er mit dem Geld umgehen solle, da es sich um eine schwarze Kasse handele. „Das ist Geld der CDU, das irgendwie da war“, suchte Reul die Fassung zu bewahren.

Doch der Reihe nach. In der Geschäftsstelle der Leverkusener CDU ging vor einigen Tagen ein Anruf ein, der die Verantwortlichen aufschrecken ließ. Eine Bank fragte an, was sie mit dem Sparbrief des Leverkusener Kreisverbandes und einem dazugehörigen Sparbuch machen solle. Die Details ließen sich nicht am Telefon klären, also sprach man in der Bank vor. Relativ schnell stellte sich heraus, dass die Partei über ein beachtliches Vermögen verfügt. Das Problem: Es handelt sich um illegale Gelder. „Die beiden, die das Konto angelegt haben, sind schon tot", erklärte Reul. Der damalige Geschäftsführer Lelecken und Schatzmeister Müller hätten am 15. Dezember 1992 insgesamt 150 000 Mark für zehn Jahre angelegt. Seither sei das Geld nicht mehr angerührt worden. „So kommt mit Zinsen die Summe von 136 763,40 Euro zu Stande“, sagte Reul.

In einer handschriftlichen Notiz hatten die beiden Verantwortlichen der Leverkusener CDU damals noch festgehalten, dass es sich um Gelder handele, die „keinen Eingang in den Rechenschaftsbericht“ finden würden. Außerdem hat man peinlich genau darauf geachtet, dass die Zinserträge nicht an den Fiskus abgeführt werden, sondern ebenfalls schwarz auf dem CDU-Konto landen.

Woher das Geld ursprünglich stammt, konnte Reul nicht sagen: „Die hatten das", so sein Kommentar. Der Generalsekretär hat inzwischen alle erreichbaren Verantwortlichen in der Leverkusener CDU unterschreiben lassen, dass sie keine Kenntnis von dem Konto hatten. Allerdings hatten auch in der Kölner SPD viele behauptet, nichts von den Machenschaften der Herren Rüther und Biciste gewusst zu haben. Hegemann versprach am Ende: „Wir werden alles tun, um aufzuklären" – ganz so, wie es die Genossen in Köln getan hatten.

Dass aus Köln am Dienstag auch eine gute Nachricht für die NRW-CDU kam, ging angesichts der neuen Vorwürfe beinahe unter: Die Staatsanwaltschaft hat ihr Ermittlungsverfahren wegen Untreue und Vorteilsannahme gegen den Kölner CDU-Oberbürgermeister Fritz Schramma eingestellt.

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