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Politik: Stimmungstest in Niedersachsen

Bei den Kommunalwahlen am Sonntag geht es auch darum, wer 2013 für die SPD gegen Regierungschef McAllister antritt

Von der gepflegten Langeweile üblicher Kommunalwahlen ist die Abstimmung der Niedersachsen über ihre Stadträte und Kreistage am kommenden Sonntag weit entfernt. Tatsächlich entscheidet sich viel für die Landespolitik in Hannover, denn schon in eineinhalb Jahren stehen Landtagswahlen an. Ministerpräsident David McAllister erwartet von der Wahl Rückenwind für seine Politik, und die SPD will sich nach dem Stimmungstest entscheiden, wen sie Anfang 2013 gegen McAllister ins Rennen schickt.

Die gegenwärtige bundesweite Hochstimmung der Sozialdemokraten verleiht der Kommunalwahl zusätzliche Spannung. Vor fünf Jahren noch hatte nämlich die CDU mit mehr als 41 Prozent klar vor der SPD (36,6) gelegen, zumindest bei den Kreistagen und kreisfreien Städten. Wenn es nun den Sozialdemokraten gelingen sollte, die CDU von Platz eins zu verdrängen, wäre das nicht nur eine erhebliche psychologische Schwächung der CDU/FDP-geführten Landesregierung. Dies würde auch die Personaldiskussion in der Landes-SPD kräftig beleben. Schon vor Monaten hatte die Partei sich festgelegt, den Herausforderer für McAllister nach der Kommunalwahl zu bestimmen. Seither sind nun drei mögliche Bewerber im Gespräch: Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil, ein erfahrener, in bürgerlichen Kreisen respektierter Verwaltungsfachmann mit kompetenter Ausstrahlung, der frühere SPD-Generalsekretär Hubertus Heil aus Peine bei Braunschweig und der Friese Olaf Lies, der seit gut einem Jahr die Landes-SPD führt. Über Heil heißt es, er werde zwar im Funktionärsapparat der Partei akzeptiert, habe aber keine gewinnende Art. Über Weil wird erzählt, er kenne die Bandbreite der Politik und sei hervorragend zum Regieren geeignet, auch die landesväterliche Rolle passe zu ihm. Über Lies wird berichtet, er sei ehrgeizig, mache sich in der Landespartei bekannt und sei als kämpferischer und jugendlich-frischer Oppositionspolitiker der Liebling der Basis. Ob er aber das Zeug zum Regieren habe, sei fraglich.

Nach der Kommunalwahl richten sich die Blicke zunächst auf den hannoverschen Oberbürgermeister: Wird er aus der Deckung gehen und seinen Hut in den Ring werfen? Noch ist der 52-Jährige bis 2014 als OB gewählt, danach könnte er wohl ziemlich sicher mit einer Wiederwahl rechnen. Aber falls Hannover bei der Kommunalwahl besonders gut abschneiden sollte, könnte Weil zum Wechsel versucht sein. Vom 44-jährigen Lies heißt es, dass er dann zwar auch antreten könnte und offenbar auch möchte. Aber Weil und die Hannoveraner könnten womöglich Heil und die Braunschweiger auf ihrer Seite haben, was die Chancen von Lies mindern könnte. Es sei denn, die Basis wird per Urwahl gefragt. Dann wäre das Ergebnis wohl schlecht kalkulierbar.

Im Lager der schwarz-gelben Koalition wird die SPD-interne Debatte interessiert begleitet. Jüngste Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen von SPD und CDU voraus, Rot-Grün hätte bei einer Landtagswahl aus heutiger Sicht aber wohl die Mehrheit. Wenn Niedersachsen 2013 wählt, werden CDU und FDP schon zehn Jahre lang regiert haben. Der seit gut einem Jahr amtierende Ministerpräsident McAllister bemüht sich redlich, seiner CDU ein modernes Image zu verpassen. In der Schulpolitik und auch in der Energiepolitik präsentiert er seine Regierung als reformfreundlich, die Atomkraft wird von ihm vehement abgelehnt. Aber ein schlechtes Kommunalwahlergebnis könnte die Sorge in der schwarz-gelben Koalition, bei der Landtagswahl 2013 abgewählt zu werden, noch erhöhen.

Nicht zuletzt sind es auch einige Wahlen von Oberbürgermeistern und Landräten, die ebenfalls kommenden Sonntag anstehen und deren Ausgang für die landespolitische Stimmung wichtig ist. In Wolfsburg etwa, der durch VW zu Stärke und Reichtum gekommenen Stadt, könnte ein Wechsel anstehen. Jahrelang hatte die CDU hier den Verwaltungschef gestellt, nun hat der sozialdemokratische Kandidat die besten Chancen. Im ostfriesischen Emden, einer SPD-Hochburg, macht sich hingegen der CDU-Bewerber Hoffnungen. Knapp könnte die Wahl in Wilhelmshaven werden, und auch CDU-Hochburgen wie der Landkreis Osnabrück könnten diesmal auf der Kippe stehen.

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