zum Hauptinhalt

Stippvisite: US-Präsident Barack Obama besucht Europa

Barack Obama ist in Irland gelandet. Anschließend besucht er Großbritannien, Frankreich und Polen. Deutschland steht nicht auf seinem Reiseplan - dafür begibt er sich in Irland auf die Spuren seiner Vorfahren.

US-Präsident Barack Obama und seine Frau Michelle sind am Montagmorgen auf dem Flughafen von Dublin gelandet. Zum Auftakt einer einwöchigen Europareise will Obama das irische Dorf Moneygall besuchen, von wo aus sein Ur-Ur-Urgroßvater mütterlicherseits in die USA ausgewandert war. Auf dem Programm von Obamas erstem Irland-Besuch stehen am Montag außerdem Treffen mit der irischen Präsidentin Mary McAleese und mit Premierminister Enda Kenny. Am Abend soll Obama eine Rede vor Tausenden Zuhörern in der Dubliner Innenstadt halten. Außerdem ist ein Konzert zu seinen Ehren angesetzt. Anschließend reist die Obamas weiter - nach Großbritannien, wo er unter anderem die britische Königin Elizabeth II. im Buckingham Palast treffen wird. Die nächsten Stationen sind dann Frankreich, wo er am G-8-Gipfel teilnimmt, und Polen. Deutschland steht nicht auf dem Programm. Obama wird Kanzlerin Merkel am 7. Juni zu einem hochrangigen Besuch samt Ordensverleihung und Staatsdinner im Weißen Haus empfangen.

Barack Obama und Europa: Die Beziehung wird von Interessen geprägt. Es ist zugleich eine Geschichte von Bewunderung und Enttäuschung. Man sagt zwar, Staaten hätten keine Gefühle, nur Interessen. Doch Nationen wollen lieben und geliebt werden. Es stärkt ihren Stolz, wenn der Präsident der Supermacht sie beehrt, erst recht, wenn es ein so populärer Mensch ist wie Obama. Und es schmerzt, wenn man sich übergangen fühlt.

Als Obama im November 2008 gewählt wurde, jubelten die meisten Europäer. Der Streit mit George W. Bush über den Irakkrieg, Guantanamo und andere Themen hatte die Beziehungen belastet. Obama werde vieles reparieren, erwartete man in Europa. Er begann mit einer stürmischen Charmeoffensive. Anfang April 2009 besuchte er eine Woche lang Europa, da war er gerade zehn Wochen im Amt und hatte daheim alle Hände voll zu tun, seine Minister und Behördenleiter vom Senat bestätigen zu lassen.

Schon damals trat ein Missverständnis zutage. Die USA sind ein Staat, Europa ist eine Ansammlung von mehr als zwei Dutzend Nationen, die zwar gerne europäische Einheit predigen, aber je einzeln gewürdigt werden wollen. Genau genommen besuchte Obama damals nicht Staaten, sondern internationale Treffen: das der G 20 in London, den Gipfel zum 60. Geburtstag der Nato in Straßburg und Kehl, den USA-EU-Gipfel in Prag. Doch um der Eitelkeit der Gastgeber zu huldigen, galten diese Visiten zugleich als bilaterale Besuche bei Briten, Franzosen, Deutschen und Tschechen. Tatsächlich traf das nur auf die letzte Station dieser Reise zu, die Türkei. Obama pries sie als Modell einer säkularen islamischen Demokratie.

Noch fünf Mal kam er 2009 nach Europa. Aber auch diese Auftritte waren nicht bilateral gemeint, er suchte sich die Orte, um globale Signale zu geben. Grund der zweiten Deutschlandvisite im Juni war nicht das Treffen mit der Kanzlerin in Dresden, sondern der Besuch in einer Außenstelle des KZ Buchenwald. Am Vortag hatte er in Kairo seine Rede an die islamische Welt gehalten. Buchenwald war eine kodierte Botschaft an Israel: Er verliert die Geschichte der Juden und ihre Sicherheitsinteressen nicht aus dem Blick, wenn er die Muslime umwirbt. Die übrigen Europareisen 2009 galten dem G-8-Gipfel in Italien, Chicagos Olympiabewerbung für 2016, über die in Dänemark entschieden wurde, dem Friedensnobelpreis in Oslo und der Klimakonferenz in Kopenhagen.

2010 folgte eine kalte Dusche. Obama sagte den USA-EU-Gipfel ab, weil die Europäer sich nicht einigen konnten, ob Madrid oder Brüssel die Ehre erhält. Er wollte Taten sehen, nicht Ehrpusseligkeit. Er kam nur zweimal: zur Unterzeichnung des Start-Abrüstungsvertrags in Prag und zum Nato-Gipfel in Lissabon.

Auch jetzt wird Obama die vier Stationen doppelt nutzen: für Gesten der Verbundenheit mit dem jeweiligen Land und als Bühne für Botschaften, die darüber hinausweisen. In Irland besucht er Moneygall, ein Dorf mit 300 Einwohnern, aus dem laut Weißem Haus sein Urururgroßvater mütterlicherseits stammte. Er wanderte um 1850 aus. Irland soll auch Vorbild für Nahost sein: Nach jahrzehntelangem blutigem Kampf ist Frieden möglich.

Es folgen zwei Tage in Großbritannien. „Die USA haben keinen engeren Verbündeten“, betont seine Europaberaterin Liz Sherwood-Randall. Am Dienstag gibt die Queen ein Staatsdinner, am Mittwoch laden die Obamas das Königspaar in die US-Botschaft zum Gegendinner ein. Davor hält er im Parlament die Schlüsselrede der Reise: Amerika hat mit keinem Kontinent mehr gemeinsam als mit Europa. Aber Europa muss mehr globale Verantwortung übernehmen, in den arabischen Staaten durch Hilfe für die Freiheitsbewegungen, anderswo auch militärisch.

Den G-8-Gipfel in Frankreich am Donnerstag und Freitag wird Obama zu Treffen mit Russlands Präsident Medwedew und Japans Premier Kan sowie zu Gesprächen über Akw-Sicherheit und einen neuen IWF-Chef nutzen. In Polen isst er am Freitagabend mit Führern mehrerer ostmitteleuropäischer Staaten; für Einzelbesuche fehlt die Zeit. Das Tauwetter mit Russland gehe nicht zu ihren Lasten, wird er sagen. Er halte nichts von der Teilung in „altes“ und „neues Europa“. Alle seien „unsere Alliierten“, und jedes Land könne sich auf Amerikas Beistandsgarantie verlassen, kündigt das Weiße Haus an.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false