zum Hauptinhalt

Politik: Stoiber in Wien: Ein Orden für den wahren Freund

"Wahre Freunde erkennt man in der Not", sagt Österreichs Kanzler Wolfgang Schüssel. Nun hat die Not wahrscheinlich bald ein Ende, und der Freund kommt: Edmund Stoiber ist zu Gast in Wien.

"Wahre Freunde erkennt man in der Not", sagt Österreichs Kanzler Wolfgang Schüssel. Nun hat die Not wahrscheinlich bald ein Ende, und der Freund kommt: Edmund Stoiber ist zu Gast in Wien. Sie lassen die heikle Geschichte in Frieden ruhen. "Heute ist absolute Harmonie angesagt", befindet Schüssel und dekoriert den bayerischen Ministerpräsidenten mit dem österreichischen Verdienstorden, einer der höchsten Auszeichnungen, die man kriegen kann in Wien, und an der selbstverständlich eine Einladung zum Opernball hängt.

"Die Ehrung hast du dir wahrhaft verdient", sagt Wolfgang zu Edmund: "Ein wahrer Freund des Volkes." Dass Schüssel "Volk" sagt, wo er (dem Zusammenhang nach) eigentlich "Regierung" meinen müsste, hat Methode: Österreichs Koalition hat es in ihrer Öffentlichkeitsarbeit immer darauf angelegt, auch die Sanktionen der 14 EU-Staaten als Strafaktionen gegen das ganze Volk darzustellen.

Genau elf Monate ist es her, dass derselbe Wolfgang Schüssel sich heftigst über Stoiber beschwerte. Der hatte einen Tag nach der österreichischen Parlamentswahl der "Bruderpartei ÖVP" den "vielleicht ungebetenen Rat" erteilt, mit Jörg Haiders FPÖ zu koalieren. Schüssel gab zurück: "Die Entscheidung, was in Österreich gemacht wird, wird ausschließlich in Österreich getroffen." Nun regiert die ÖVP mit der FPÖ, und zwar genauso, wie Stoiber es angeregt hatte: Formell ohne Haider und auf Europakurs. Und es herrscht eitel Sonnenschein - weil Stoiber nie auf den Kurs der anderen 14 EU-Staaten eingeschwenkt ist, sondern sich immer mannhaft gegen deren Sanktionen ausgesprochen hat.

Nur mit dem von ihm empfohlenen Koalitionspartner will Stoiber nichts mehr zu tun haben. Auf dem Programm seiner zweitägigen Wienreise stehen ausschließlich Begegnungen mit ÖVP-Politikern und - geradezu demonstrativ - mit drei Spitzenvertretern der Sozialdemokraten. Zwar will der bayerische Ministerpräsident auch einige drängende Verkehrsprobleme ansprechen, aber nicht mit dem österreichischen Verkehrsminister, welcher der FPÖ angehört. Stoibers Pressereferent erklärt wortreich, ein Treffen mit dem Minister sei gar nicht nötig, Schüssel werde das Besprochene schon weiterleiten, und die Begegnung mit den Sozialdemokraten hätten einfach protokollarischen Charakter. Dann aber sagt Stoiber unumwunden: "Wir suchen keinen Kontakt zur FPÖ. Wir reden mit langjährigen Freunden."

Stoiber hat vergleichsweise lange gebraucht, bis er seine Absicht, "die österreichische Regierung zu unterstützen", auch an Ort und Stelle umgesetzt hat. Und wenn er jetzt kommt, dann verbirgt er hinter dem Lächeln, das sie an diesem Tag alle aufgesetzt haben, einige beinharte Forderungen. Der bayerische Ministerpräsident spricht für die heimische Frachtlobby, die gerne viel mehr Lastwagen über den Brenner nach Italien schicken möchte, als Österreich mit der EU ausgehandelt hat. Die Kontingente für das laufende Jahr sind im Prinzip erschöpft. Außerdem findet Bayern, sei die Brennermaut deutlich zu hoch. Und da Italien einer der wichtigsten Wirtschaftspartner Bayerns sei, möge Österreich doch... Ja, auch wahre Freundschaft kann ihren Preis haben.

Zur Startseite