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Politik: Stoiber zählt

Ein Grinsen konnte sich Thomas Goppel nicht verkneifen. Da hatte Michael Spreng, der Leiter des "Stoiber-Teams", gerade gesagt: "Stoiber ist endgültig in Berlin angekommen.

Ein Grinsen konnte sich Thomas Goppel nicht verkneifen. Da hatte Michael Spreng, der Leiter des "Stoiber-Teams", gerade gesagt: "Stoiber ist endgültig in Berlin angekommen. Ein überlebensgroßer Stoiber als Gardine für Angela Merkel - wer hätte das vor einem halben Jahr gedacht?"

Goppel also, der CSU-Generalsekretär, schmunzelte. Kurz darauf versicherte sein CDU-Pendant Laurenz Meyer, Merkel werde hinter der Plakat-Gardine vor ihrem Büro in der Berliner CDU-Zentrale nicht verschwinden, sondern eine "gleichberechtigte Rolle" im Bundestagswahlkampf spielen. Die Union habe nämlich, so Meyer, "zwei große Bringer".

Die Gardine in Fassadengröße ist die XXL-Version eines gemeinsamen Unionsplakats, das nun in einer Auflage von 16 000 Stück in Deutschlands Städten geklebt werden wird. Hinzu kommen 160 000 identische Postkarten und nochmals 15 000 Redner-Ankündigungen. Am Donnerstag wurde das Plakat im Berliner Adenauer-Haus präsentiert.

Das Foto-Triptychon ist bei beiden Parteien identisch. Stoiber etwas schräg von vorn, verhalten freundlich, und Stoiber nachdenklich im Profil, fast an Helmut Schmidt erinnernd - die beiden Aufnahmen sind der Rahmen für das, was Spreng als den "eyecatcher" bezeichnet, die mittlere Aufnahme. Stoiber zählt mit dem rechten Zeigefinger gegen den linken Daumen ab, was er als Kanzler anders machen würde. Wer die Handhaltung nachstellt, merkt erst, wie maniriert sie ist, eher komplex als kantig.

Als "zukunftsgerichtete Foto-Auffassung" pries Meyer den Entwurf der beiden Agenturen McCann-Erickson und ServicePlan. Nur in Details unterscheiden sich die Plakate der Schwesterparteien. Die CSU hat ihren Stoiber mit schwarz-rot-goldenen Bändern eingefasst; das Parteilogo steht unten in der Mitte. Bei der CDU ist der Parteiname nach rechts gerückt, das Deutschland-Bändchen als schmaler Strich ans untere Ende verbannt. Gleichlautend steht über Stoiber: "Kantig. Echt. Erfolgreich."

Spreng und die beiden Generalsekretäre boten reichlich Interpretationshilfen an, was die drei Attribute bedeuten. "Ein Mann, der sich treu bleibt, sich nicht verbiegt, sich nicht verbiegen lässt", meinte Spreng. Nachdenklich und offen werde Stoiber präsentiert, als Mann des Dialoges und der Tat. Die Union zeige ihren Spitzenmann, "wie er ist: authentisch".

Eben dies sei das Gegenkonzept zu Gerhard Schröder, von dem viele, so Meyer, "grottenmäßig enttäuscht" seien. Stoibers aktive Hände stünden für Tatkraft; "Es sind erkennbar keine ruhigen Hände". "Unverwechselbar" sei Stoiber, findet Goppel. "Seine Kantigkeit kennen wir seit vielen Jahren." Der goldene Siegelring, auf dem mittleren Bild zu sehen, ist laut Goppel der "Beleg, dass man dazu steht, was man sagt". Der andere Ring, der Ehering, blieb ungedeutet.

Stoiber also "kantig, echt, erfolgreich" - Schröder demnach "glatt, falsch, erfolglos"? Spreng pflichtete bei. Der Kanzler sei "eher glattgeschmirgelt". "Welches Rollenspiel er gerade spielt, diese Frage stellt sich bei Stoiber nicht." Für seinen Chef nahm Spreng in Anspruch, er sei jemand, "der sich gewissen Anforderungen des heutigen Medienzeitalters bewusst entzieht". Stoiber sei "ein echter, starker Typ" und "nicht angepasst". "Kantig" übrigens sei "politisch nicht besetzt". Vielmehr gelte, so Goppel: "In der Mitte gibt es jede Menge Kanten."

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