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Politik: Stoibers europäische Mission Der frühere CSU-Chef jätet die EU-Bürokratie

Es ist nur ein Detail, das an den alten Edmund Stoiber erinnert: Er hat eine Akte mitgebracht. Das Zahlenmaterial der europäischen Statistikbehörde besagt, dass 21 Prozent aller Europäer beim Gedanken an die Europäische Union sofort der Begriff Bürokratie in den Sinn kommt.

Es ist nur ein Detail, das an den alten Edmund Stoiber erinnert: Er hat eine Akte mitgebracht. Das Zahlenmaterial der europäischen Statistikbehörde besagt, dass 21 Prozent aller Europäer beim Gedanken an die Europäische Union sofort der Begriff Bürokratie in den Sinn kommt. In Deutschland denken sogar 39 Prozent der Befragten so – nur in Österreich sind es mehr –, was Bayerns früherer Ministerpräsident als „ungerechtfertigt“, aber auch als „außerordentlich bedenklich“ einstuft.

Sonst aber ist in Brüssel ein anderer Edmund Stoiber anzutreffen als der, den viele aus der berühmten Stammelsequenz auf Youtube zu kennen meinen. Er wirkt aufgeräumt und redet im kleinen Kreis eloquent über seine Motivation, für den Auftrag, die Europäische Union von unnötiger Bürokratie zu befreien, noch mehr Zeit zu investieren. Er wolle, da Europa jungen Menschen neu begründet werden müsse, „einen kleinen Beitrag zur Akzeptanzverbesserung der EU“ leisten. Unlängst erteilte ihm Kommissionschef José Manuel Barroso das neue Mandat dafür.

Seit Beginn seiner ehrenamtlichen Beratertätigkeit hat Stoibers fünfzehnköpfige Expertengruppe dem EU- Kommissionschef mehr als 300 Vorschläge unterbreitet, die bis 2012 Europas Unternehmen insgesamt 150 Milliarden Euro an Bürokratiekosten ersparen sollen. Auf eine Sache, sagt Stoiber, sei er besonders stolz. In einem Gesetzentwurf der Bundesregierung wird von 2013 an die elektronische Rechnung der auf Papier gleichgestellt – mit Verweis auf ein verändertes EU-Gesetz, das auf Stoibers Initiative zurückgeht. Das Bundesfinanzministerium beziffert die Nettoentlastung allein für die deutsche Wirtschaft auf 3,5 Milliarden Euro im Jahr.

Mit der neuen Mission im Gepäck wird Stoiber nun auf Reisen gehen. Ziel ist, nicht mehr nur in Brüssel Probleme aufzuspüren, sondern zu begutachten, ob EU-Richtlinien aufwendig oder eben modellhaft unbürokratisch in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Mindestens ein Drittel der „europäischen“ Bürokratie, so sagen Schätzungen, entstehe nämlich in den Einzelstaaten, von denen sich manche in Sachen Bürokratieabbau „von der EU-Kommission eine Scheibe abschneiden könnten“. Nun, da er nicht mehr in Bayern, sondern in Brüssel aktiv sei, habe er „einen anderen Blickwinkel“ auf die Dinge, sagt Stoiber. Dass es aber auch in der europäischen Hauptstadt noch genug zu tun gibt, mag er nicht verhehlen. So gingen seinen Berechnungen zufolge, die er ganz offensichtlich noch immer gerne anstellt, in den Jahren 1998 bis 2004 insgesamt 21 000 Rechtsakte auf die Bundesbürger nieder – 18 000 davon hatten in Brüssel ihren Ursprung.

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