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Politik: Strände statt Pyramiden

Die Anschläge am Roten Meer treffen Ägypten empfindlich, denn inzwischen gibt es mehr Badeurlauber als Kulturtouristen

Berlin Mit den Bombenanschlägen im ägyptischen Badeort Scharm al Scheich zielen die Terroristen einmal mehr auf einen für das Land immens wichtigen Wirtschaftszweig. Nach Angaben der Regierung in Kairo wuchs der Tourismus zwischen 1993 und 2003 jährlich um durchschnittlich zwölf Prozent und erwirtschaftete bis zu 30 Prozent der gesamten Deviseneinnahmen des Staates. Und: Die Branche stellt zwölf Prozent aller Arbeitsplätze in dem Land am Nil. Wie viele Menschen indirekt von den Einnahmen durch den Tourismus abhängig sind, lässt sich schwer beziffern.

Neue Schätzungen, die zu Beginn des Jahres bei einem Workshop der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) von ägyptischen Experten in Berlin vorgetragen wurden, gehen davon aus, dass die Zahl der Touristen im Jahr 2004 auf mehr als acht Millionen gestiegen ist. Die Gesamteinnahmen durch die Branche belaufen sich auf mehr als 6,5 Milliarden Dollar jährlich. Trotz der wiederholten Anschläge der vergangenen Jahre hat sich die Branche in Ägypten immer wieder erholt. Besonders schwierig war die Situation nach dem schweren Attentat in Luxor 1997, bei dem 58 Touristen starben. Danach lag die Branche zwei Jahre komplett am Boden, fünf Jahre brauchte sie, um wieder das alte Niveau zu erreichen.

Zudem hat das Land mit einem weiteren Phänomen zu kämpfen: der Abnahme des Kulturtourismus, der von einst 60 auf heute 18 Prozent gesunken sei, wie der Vorsitzende der ägyptischen Tourismuskammer, Ihalmi Zayat, bei der KAS- Tagung sagte. Demnach haben im vergangenen Jahr von den 8,1 Millionen Touristen nur zwei Millionen die klassischen Kulturdenkmäler wie die Tempel von Luxor, die Pyramiden oder Assuan besucht. Mehr und mehr Touristen lockt Ägypten dafür mit seinen Stränden am Roten Meer wie in Hurghada oder eben Scharm el Scheich. An der Südspitze der Sinai-Halbinsel ist der vor 20 Jahren in der Wüste aus dem Boden gestampfte Ort ein Paradies für Urlauber aus aller Welt, darunter viele Deutsche. Ausgedehnte Strände und Korallenriffe locken tausende Menschen zum Sonnen, Baden, Schnorcheln und Tauchen an.

Der ägyptische Staatschef Husni Mubarak, der in Scharm al Scheich eine Residenz hat, schätzt den fern der hektischen Hauptstadt Kairo gelegenen Badeort als Schauplatz von Nahost-Gipfeltreffen. Ende 2000 verhandelten Mubarak, der damalige US-Präsident Bill Clinton, der israelische Ministerpräsident Ehud Barak und Palästinenserführer Jassir Arafat über den Frieden in der Region. Im Juni 2003 traf sich US-Präsident George W. Bush in Scharm el Scheich mit arabischen Staatsmännern. Zuletzt fand im Februar dieses Jahres ein Nahost-Gipfel in Scharm al Scheich statt, an dem Mubarak, Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Israels Regierungschef Ariel Scharon und Jordaniens König Abdullah II. teilnahmen.

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