zum Hauptinhalt
Manches Rennen endet im Crash, wie dieses hier in Hagen

© Alex Talash/dpa

Strafen für illegale Autorennen: Es reicht nicht, nur ein paar Raser zu bremsen

Das Gesetz gegen halsbrecherische Wettbewerbe im Straßenverkehr bleibt auf halbem Weg stehen. Wichtiger ist das Umdenken der Justiz. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Auffallend fleißig war die Koalition in dieser Legislaturperiode beim Verschärfen und Erfinden von Straftatbeständen. Einer der Schlusspunkte ist das in der vergangenen Woche im Bundestag verabschiedete „Verbotene Kraftfahrzeugrennen“. Demnach muss schon mit einer Haftstrafe bis zu zwei Jahren rechnen, wer zu solchen Wettbewerben im Internet aufruft oder sie organisiert. Man braucht nicht einmal einen Gegner, es genügt der Wettbewerb mit sich selbst. Die Strafe, die bis zu diesem Limit bei Ersttätern regelmäßig zur Bewährung ausgesetzt wird, droht auch Kraftfahrzeugführern, die sich „mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegen, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.“

Der Gesetzgeber nuanciert den Wahnsinn

Moment, kennen wir die nicht? Sind das nicht die Raser und Drängler, die Rechtsüberholer und Ampelgummigeber? Sie sind es nicht. Es dürfte den Staatsanwaltschaften einigermaßen schwer fallen, vor Gericht nachzuweisen, dass tatsächlich jemand die „höchstmögliche Geschwindigkeit“ erreichen wollte. Der Gesetzgeber nuanciert den Wahnsinn. Er möchte die viel zu Schnellen und notorisch Rücksichtslosen von den Rasern trennen.

Warum eigentlich? Es trifft wohl zu, dass sich eine Szene entwickelt hat, die es in dieser Form früher nicht gab. Ein sprichwörtlicher Motor dieser Entwicklung dürfte das Internet gewesen sein, dass hier seine fragwürdige Qualität erweist, auch noch die letzten Idioten mit ihren gemeingefährlichen Hobbys zusammenzubringen.

Ignoranz der Gefährlichkeit

Aber das Phänomen, um das es geht, ist doch ein anderes: Die egomanische Ignoranz im Bezug auf die Gefährlichkeit des eigenen Kraftfahrzeugs. Die mobile Gesellschaft hat sich daran gewöhnt, den täglichen Blutzoll zu entrichten. Hielten sich alle an die Regeln, wäre es schwierig, im Straßenverkehr zu Tode zu kommen.

Das kriminelle Unrecht, das sich hier ereignet, spiegelt sich nicht nur im Verhalten präpotenter Jungmänner. Auch den Älteren dient das Auto oft genug zur Triebabfuhr. So bleibt das Gesetz auf halbem Wege stehen. Es hätte die Raserei auf breiterer Front erfassen müssen.

Ob Strafe oder nur Buße, ist vielen egal

Fraglich ist ohnehin, ob die Zielgruppe sich abschrecken lässt. Dass ihre Rennen verboten sind, wissen die Beteiligten auch ohne den Wechsel der Vorschrift vom Ordnungswidrigkeitsgesetz ins Strafgesetzbuch. Ob ein paar hundert Euro Buße drohen oder künftig eine Geldstrafe, wird vielen egal sein.

Mehr Erfolg verspricht das allmählich einsetzende Umdenken der Justiz, kriminelle Fahrweisen, durch die es Tote oder Verletzte gab, als vorsätzliche Taten zu bestrafen. Hier zeichnet sich das Ende einer Milde ab, für die es oft keine gute Begründung gab. Die Gerichte haben hier etwas nachzuholen, das auch das beste neue Gesetz nicht zu leisten vermag.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false