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Die Lkw-Maut wird - anders als die Pkw-Maut - streckenabhängig erfasst. Zur Kontrolle gibt es solche Mautbrücken.

© Tack/imago

Straßengebühr: Die SPD misstraut der Maut-Einigung

Die SPD fürchtet, dass die Einigung des Verkehrsministers mit Brüssel doch einige Autofahrer mehr belastet. NRW-Ministerpräsidentin Kraft warnt Dobrindt.

Die Pkw-Maut wird zwar erst nach der nächsten Bundestagswahl 2017 erhoben werden, gibt auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zu. Doch mit der Verkündung der Nachricht, dass er sich mit der EU-Kommission über die umstrittene Autobahngebühr geeinigt habe, hatte es der ehemalige Generalsekretär der CSU dann doch eilig. Pünktlich zum Beginn des Parteitags am Freitag in München konnte er bekanntgeben, dass die Gespräche mit Brüssel auf einem guten Weg seien.

Dobrindts Koalitionspartner in Berlin, die Sozialdemokraten, sind jedoch misstrauisch. „Die angebliche Einigung kam schon überraschend, aber es passt ja zeitlich zum CSU-Parteitag“, sagte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft dem Tagesspiegel. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende und ihre Parteifreunde fürchten, dass einige deutsche Autofahrer unter dem Strich doch draufzahlen werden – anders als im Koalitionsvertrag vereinbart. „Wenn Herr Dobrindt mit der EU-Kommission klarkommt, aber die Vorgaben des Koalitionsvertrages nicht eingehalten werden, haben wir ein Problem. Es darf keine Mehrbelastung der deutschen Autofahrer geben“, sagte Kraft. Sie stellte auch die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens infrage: „Ich habe große Zweifel, dass durch diese bisher erkennbare Mautvariante überhaupt noch so viel Einnahmen reinkommen, dass sich der ganze bürokratische Aufwand lohnt.“

Die Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen ist für die CSU ein Prestigeprojekt. CDU und SPD hatten das Vorhaben ursprünglich abgelehnt, ließen sich aber in den Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl 2013 breitschlagen. Die EU-Kommission war auch gegen die Maut nach dem deutschen Modell, weil sie darin eine Diskriminierung ausländischer Autofahrer sah. Dobrindt hatte vor, deutsche Pkw-Halter über eine Ermäßigung der Kfz-Steuer für die Maut zu entschädigen. Für Ausländer sollte das nicht gelten. Wegen dieser Ungleichbehandlung hatte Brüssel Ende September eine Klage gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) angekündigt.

Details der Einigung stehen noch nicht fest

Wie die überraschende Einigung nun im Detail aussieht, steht noch nicht fest. Es zeichnet sich jedoch ab, dass Ausländer für kurze Ausflüge über deutsche Autobahnen nicht mit der vollen Jahresgebühr von bis zu 130 Euro belastet werden. Stattdessen solle es Preise von 5 bis 15 Euro für zehn Tage und von 16 bis 22 Euro für zwei Monate geben, berichtete die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf die EU-Kommission. Auch Vignetten für einen Tag seien geplant; ihr Tarif stehe noch nicht fest.

Auch bei der Kompensation hat sich Dobrindt bewegt: Von der 1:1-Verrechnung ist er abgerückt. Nach seinen geänderten Plänen sollen Halter von besonders schadstoffarmen Pkw eine noch höhere Steuerentlastung bekommen als solche von schmutzigeren Autos. Da Dobrindt zugesagt hat, dass selbst Fahrer von Autos mit hohem Schadstoffausstoß unter dem Strich nicht schlechtergestellt werden sollen, bedeutet die „Stärkung der Öko-Komponente“: Wer ein besonders umweltverträgliches Auto fährt, bekommt eine Steuerentlastung, die höher ausfällt als seine Pkw-Maut. In der EU-Kommission hieß es, die Kompensation könne das 1,2-Fache der Belastung betragen. Da die Kfz-Steuer seit 2009 nicht mehr den Ländern, sondern dem Bund zufließt, wird auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mitreden wollen. Dass er Dobrindts Erfolgsmeldung noch nicht als Endergebnis ansieht, machte Schäuble am Freitag deutlich: Es sei zu begrüßen, „dass dem Bundesverkehrsminister eine Annäherung gelungen ist“ und hoffentlich auch bald eine Einigung. Zu den Einnahmen aus der Maut und der Belastung deutscher Autofahrer sei aber „noch keine seriöse Prognose möglich. Die Sache ist noch in der Mache.“

Niederlande und Österreich behalten sich Klagen vor

Auch die EU-Kommission stellte klar, dass sie von einer Klage vor dem EuGH nur dann absehen werde, wenn Deutschland seine Gesetze so ändere, dass sie mit EU-Recht in Einklang zu bringen seien. Auch das wäre aber nicht das Ende aller Rechtsstreitigkeiten: Die Niederlande und Österreich behalten sich Klagen vor.

Aber selbst wenn die deutsche Pkw-Maut nicht juristisch zu Fall gebracht werden sollte, ist sie aus Sicht der EU-Kommission nur eine Übergangslösung. Man sei sich mit der Bundesregierung einig, von einer Steuerfinanzierung der Straßen zu einer streckenabhängigen Maut überzugehen. In Italien, Frankreich oder Spanien zum Beispiel müssen seit Jahrzehnten in- und ausländische Autofahrer für die zurückgelegte Strecke zahlen. Die deutsche Regelung berücksichtigt hingegen nicht exakt die gefahrenen Kilometer.

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