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Libanesische Soldaten neben einem brennenden Motorrad.

© Anwar Amro/AFP

Straßenkämpfe in Beirut: Hisbollah attackiert Regierungsgegner

Die ganze Nacht haben Barrikaden gebrannt: Es soll mehrere Festnahmen von Protestierenden gegeben haben. Anhänger der Amal und Hisbollah sind nicht darunter.

Der Libanon kommt nicht zur Ruhe. In der Nacht zu Dienstag ist es im Libanon erneut zu Zusammenstößen zwischen Sympathisanten der schiitischen Gruppen Amal und Hisbollah sowie regierungskritischen Demonstranten gekommen. Im Regierungsviertel der Hauptstadt wurden zwei Demonstranten durch Attacken aus Reihen der Hisbollah- und Amalanhänger verletzt. Aus einem vorrangig schiitischen Vorort Beiruts wurden Schüsse gemeldet.

Auch in der südlibanesischen Stadt Tyros nahe der israelischen Grenze wurden friedliche Antiregierungsgegner zum Opfer von Angriffen. Hisbollah- und Amal-Unterstützer setzten das Zeltlager der Protestbewegung in Brand, nur mit Mühe bekamen die Sicherheitskräfte die Situation unter Kontrolle. Nach lokalen Medienberichten gaben Soldaten zahlreiche Schüsse in die Luft ab.

Bereits in der Nacht zuvor kam es zu massiven Auseinandersetzungen in Beiruts Zentrum. Friedliche Demonstranten hatten die Stadtautobahn blockiert, als sie von Hunderten Anhängern der beiden Parteien attackiert wurden. Stundenlang lieferten sich die Unterstützer der schiitischen Gruppen Straßenkämpfe mit den Sicherheitskräften.

Auch mehrere Reporter libanesischer Fernsehsender wurden angegriffen. Es gab Dutzende Verletzte. Die Armee war präsent, agierte aber zunächst nur zaghaft. Erst nach mehreren Stunden wurde von den Sicherheitskräften Tränengas eingesetzt – vor allem gegen regierungskritische Demonstranten. Es soll zudem mehrere Festnahmen von Protestierenden gegeben haben. Dagegen sind Sympathisanten der Hisbollah und der Amal wohl nicht unter den Verhafteten.

Die Hisbollah verfügt im Libanon über eine bewaffnete Miliz. Diese gilt als deutlich schlagkräftiger als die regulären Streitkräfte. Auch politisch ist die Hisbollah längst ein großer Machtfaktor. Wie die Amal-Bewegung waren auch Vertreter der „Partei Gottes“ Teil der vor Kurzem zurückgetretenen libanesischen Regierung. Beide gehören zur Elite des kleinen Landes und sind somit auch Ziel der mittlerweile seit mehr als 40 Tagen anhaltenden Massenproteste. Die richten sich gegen Korruption und verkrustete Machtstrukturen des Zedernstaats.

Ex-Ministerpräsident Saad Hariri hat in einem Interview jetzt angekündigt, dass er nicht Teil des neuen Kabinetts sein werde. Viele Libanesen hatten trotz dessen Rücktritt Ende Oktober befürchtet, dass der Unternehmer wieder an der Spitze eines neuen Kabinetts stehen könnte. Der für die Regierungsbildung zuständige Präsident Michel Aoun hatte Berichten zufolge diese Möglichkeit lange Zeit in Betracht gezogen.

Julius Geiler

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