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Nabucco

© dpa

Strategien: Nabucco bringt keine wirkliche Unabhängigkeit

Mit der Nabucco-Pipeline wollen sich die EU und die Türkei von der Abhängigkeit von Russland befreien. Das ist angesichts der Gas-Krisen in den vergangenen Wintern eine verständliche Entscheidung - wenn auch eine schwierige.

Doch die Schwierigkeiten rund um das Mammutprojekt zeigen, dass es nicht einfach sein wird, die Russen außen vor zu halten – und im brisanten geopolitischen Schachspiel um Energie und Macht die richtigen Züge zu tun.

Obwohl das Regierungsabkommen über den Bau von Nabucco jetzt unterzeichnet ist, weiß niemand, woher das Gas kommen soll, um die Pipeline zu füllen. Aserbaidschan hat nicht genügend Gas übrig, Turkmenistan berichtet zwar von großen Vorräten, hat bisher aber nichts Konkretes vorzuweisen. Zudem ist Europe nicht der einzige potenzielle Großabnehmer für Erdgas aus Zentralasien: Auch die neue Wirtschaftsgroßmacht China streckt ihre Fühler dorthin aus.

Irak will mit 15 Milliarden Kubikmetern bei Nabucco dabei sein – aber die Iraker streiten sich seit Jahren darüber, wie und von wem die Bodenschätze des Landes ausgebeutet werden sollen. Ob sie verlässliche Partner sein können, wenn im Jahr 2014 zum ersten Mal Gas durch die Nabucco-Pipeline fließen wird, weiß heute niemand. Iran scheidet zumindest derzeit als Lieferant für das von den USA unterstützte Projekt ebenfalls aus.

Ausgerechnet am Tag der Unterzeichnung von Nabucco erklärte die türkische Regierung daher, dass möglicherweises jenes Land an die Pipeline angeschlossen werden könne, das eigentlich durch Nabucco umgangen werden soll: Russland.

Moskau treibt zudem ein alternatives Pipeline-Projekt ins Nabucco-Land Bulgarien voran, und auch die Türkei interessiert für das russische Vorhaben. Ankara und Sofia argumentieren, man müsse sich eben alle Türen offen halten. Und wenn es um die Gasversorgung Europas geht, führen fast alle diese Türen nach Russland, das über rund 30 Prozent der weltweiten Gasvorräte verfügt. Völlig unabhängig machen kann man sich von einem solchen Land auch mit einer gigantischen Pipeline nicht.

Kommentar von Thomas Seibert[Istanbul]

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