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Strauss-Kahn-Festnahme: Europäer wollen Führung beim IWF behalten

Eine große Zukunft wird Dominique Strauss-Kahn als IWF-Chef nicht haben. Die Nachfolge-Debatte ist im Gang. Vor allem Schwellenländer streben an die Spitze des Fonds – und der Westen bangt um seinen Einfluss.

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Berlin - Dominique Strauss-Kahn ist als Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) noch nicht einmal zurückgetreten, da beginnt schon der Streit um seine Nachfolge. Die Personalie drängt – angesichts der europäischen Schuldenkrise darf kein politisches Leichtgewicht den Posten in Washington übernehmen.

Dabei ist die Sache eigentlich klar. Schon 2007 sagte Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, Strauss-Kahn werde wohl der „letzte Europäer“ sein, der auf „absehbare Zeit“ an der Spitze des IWF steht. Die Schwellenländer sollten angesichts ihres weltwirtschaftlichen Aufstiegs auch in der Washingtoner Organisation eine größere Rolle spielen. Bei einer Reform im vergangenen Herbst bekam Asien tatsächlich mehr Stimmrechte. Dennoch will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von früheren Festlegungen nichts mehr wissen. Zwar hätten die Schwellenländer auf mittlere Sicht Anspruch auf die Spitzenjobs von IWF und Weltbank. Sie glaube aber, „dass es in der jetzigen Phase, in der wir auch sehr viele Diskussionen im Zusammenhang mit dem Euro-Raum haben, gute Gründe dafür gibt, dass Europa auch gute Kandidaten zur Verfügung hat“.

Offenbar sorgt sich die Regierung, ein Kandidat aus einem Schwellenland könnte zu wenig Verständnis für die EU-Finanzprobleme mitbringen oder gar mit einem Land besonders hart umgehen, um die Unabhängigkeit des IWF zu demonstrieren. Viel spricht deshalb dafür, dass Berlin einen Vorschlag aus Paris gutheißen würde, wonach Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde Strauss-Kahn ersetzen könnte.

Die Opposition widersprach Merkel. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, für solche Posten kämen auch Bewerber aus Schwellenländern infrage. „Kandidaten für den Chefposten im IWF oder in der Weltbank sollten nach Qualifikation und nicht nach regionaler Herkunft ausgesucht werden“, sagte auch der entwicklungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sascha Raabe, dem Tagesspiegel. Zudem sollten sie dafür einstehen, „dass es ein Weiter-so in der internationalen Finanzarchitektur nicht geben kann“.

Unter den 187 IWF-Mitgliedstaaten haben die USA den größten Einfluss. Die meisten  Stimmrechte haben danach Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und China.

Die Grünen-Entwicklungspolitikerin Ute Koczy hält es für „unbedingt nötig“, als Nachfolger Strauss-Kahns einen Vertreter eines Schwellenlandes vorzuschlagen. „Damit würde die gewachsene wirtschaftliche und politische Bedeutung der Schwellenländer zum Tragen kommen", meinte sie. Ohnehin dürften es die Europäer schwer haben, einen Kandidaten durchzusetzen, sagte Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick – die drei letzten Chefs Horst Köhler, Rodrigo de Rato und nun Strauss-Kahn hätten ja alle ihre Amtszeit vorzeitig beendet.

Das sehen womöglich auch die Chinesen so. Die Auswahl der IWF-Spitze solle auf der Basis von „Fairness, Transparenz und Leistung“ erfolgen, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. Sollte tatsächlich kein Europäer zum Zuge kommen, gilt der Ex-Wirtschaftsminister der Türkei, Kemal Dervis, als aussichtsreicher Kandidat. Auch Trevor Manuel, ehemals Finanzminister in Südafrika, gilt in Finanzkreisen als angesehen.

Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, hat derweil abgewunken. „Bis auf Weiteres hat Herr Ackermann bei der Deutschen Bank noch einiges zu tun“, sagte ein Konzernsprecher. Auch Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) werden in Berlin keine Chancen eingeräumt. Zumal er seinen Hut für die Kanzlerkandidatur in den Ring geworfen hat – er sieht seine Zukunft offenbar in Europa. mit asi

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