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Streik bei der Lufthansa: „Die Kosten tun dem Unternehmen weh“

Jürgen Pieper, Analyst bei der Privatbank Metzler in Frankfurt am Main, glaubt, dass der Ausstand der Flugbegleiter die Airline hart trifft.

Ein voller Streiktag dürfte zwischen zehn und 15 Millionen Euro kosten – nicht Umsatz, sondern Ergebnis. Mittlerweile sind wohl 20 bis 25 Millionen aufgelaufen. Das ist ein Betrag, der der Lufthansa wehtut. Bei einem Ergebnis von etwa 500 Millionen Euro in diesem Jahr fallen etwa fünf Prozent weg. Das ist kritisch.

Wird die Lufthansa Kunden verlieren?

Bei den Geschäftsreisenden und loyalen Kunden in und aus Deutschland heraus kaum. Wer von Frankfurt oder München fliegt, kann Lufthansa kaum umgehen. In den USA aber könnten Kunden, die nach Europa oder über Europa nach Asien fliegen, zu Air France oder British Airways abwandern. Das wäre schmerzhaft.

Die Wettbewerbsbedingungen im Luftverkehr haben sich verschärft. Aus welcher Richtung kommt der größte Druck für die Lufthansa?

Auf der Langstrecke ist der Druck enorm, weil die Lufthansa dort den größten Teil ihrer Gewinne einfliegt, etwa zwischen Europa und Nordamerika und Europa und Ostasien. Wenn dort Wettbewerber Marktanteile gewinnen, tut das sehr weh. Die Erträge dort könnten sinken. Auch deshalb will die Lufthansa das defizitäre Europa-Geschäft jetzt grundlegend sanieren.

Und Ryanair und Co.?

Die Billig-Airlines haben ihre größten Erfolge hinter sich. Ihr Marktanteil wird sich kaum noch verändern. Das Fliegen etwa mit Ryanair ist allein wegen der entlegenen Flughäfen relativ unkomfortabel. Und viele Gäste machen negative Erfahrungen. Aber die Billig-Airlines haben die Preise gedrückt. Das ist das Problem.

Fährt das Unternehmen unter Christoph Franz den richtigen Kurs?

Im Prinzip ja. Lufthansa hat in der Vergangenheit zu sehr auf Expansion gesetzt und problematische Fluglinien übernommen. Das war des Nicht-so-Guten zu viel. Deswegen auch die Pläne für eine Billig-Airline, auch wenn Lufthansa da mit Ufo nicht sehr geschickt verhandelt hat. Gut möglich, dass die Billig-Airline deshalb erst einmal nicht kommt.

Kann die Lufthansa auf Dauer ohne Leiharbeit auskommen?

Im Prinzip schon. Aber ob man dann gut werden kann ist fraglich. An Standorten wie Berlin, wo kostendeckende Ticket-Preise nicht erzielt werden können, ist der Weg über Leiharbeit nicht schlecht – sofern bestehende Arbeitsplätze nicht gefährdet werden und die derzeitigen Flugbegleiter nichts verlieren. Es gibt genug Interessenten, die als Leiharbeiter fliegen würden. Dass Ufo diesen Ansatz grundsätzlich ablehnt, verstehe ich nicht.

Lufthansa gehöre weltweit zu den profitabelsten Gesellschaften, sagt der Vorstand. Warum dann der Sparkurs?

Der gesamten Branche geht es viel zu schlecht. Die Airlines verdienen viel zu wenig Geld. Lufthansa mag relativ gesehen gut abschneiden, dass heißt aber nicht, dass es ein Top-Unternehmen ist. Unter den 30 Dax-Konzernen rangiert die Lufthansa am Ende. Selbst bei einem Betriebsergebnis von einer Milliarde Euro liegt die Umsatzrendite nur bei drei Prozent. 2012 wird es vermutlich noch weniger. Das ist viel zu niedrig.

Sind die Flugbegleiter aus Ihrer Sicht unterbezahlt?

Wer zehn Jahre fliegt, ist gut bezahlt und hat gute Arbeitsbedingungen. Einsteiger und junge Flugbegleiter stehen dagegen nicht gut da. In der Struktur der Gehälter insgesamt muss sich etwas ändern.

Das Gespräch führte Rolf Obertreis.

Jürgen Pieper ist

Analyst bei der

Privatbank Metzler

in Frankfurt am Main. Seine Arbeitsschwerpunkte sind seit

Jahren die Luftfahrt- und die Automobilbranche.

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