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Politik: Streit in der SPD-Fraktion: "Der Papst ist unfehlbar - Schily nicht"

Das hat dem Kanzler gerade noch gefehlt: In der SPD-Fraktion gibt es Streit, anhaltend, tiefgehend. Es geht um Bundesinnenminister Otto Schily.

Das hat dem Kanzler gerade noch gefehlt: In der SPD-Fraktion gibt es Streit, anhaltend, tiefgehend. Es geht um Bundesinnenminister Otto Schily. Vor Jahrzehnten machte der sich einen Namen als vehementer Verteidiger der Bürgerrechte, auch und besonders des Rechts auf freien Informationszugang. Inzwischen mit Ministerwürden ausgestattet, will Schily die Stasi-Akten von Persönlichkeiten der Zeitgeschichte am liebsten gesperrt sehen. Damit eckt er an: nicht nur bei der Leiterin der Gauck-Behörde, Marianne Birthler, sondern zunehmend auch bei wichtigen Parteifreunden.

Bei Peter Struck zum Beispiel. Der Chef der größten Regierungsfraktion, Rechtsanwalt wie Schily, scheut Konflikte mit dem Verfassungsminister nicht. Da mag Schily bei Regierungskollegen auch als der "Bild"-Beauftragte gelten, also als derjenige, der mit seinen konservativ anmutenden Meinungen breite Popularität schafft. Heute will Struck mit Schily sprechen, wohl nicht zuletzt über ihren Umgang miteinander.

Bereits Ende Dezember waren die beiden aneinander geraten. Klar hatte sich der Fraktionschef dagegen gewandt, dass Schily der Stasi-Behörde mit einer Rechtsaufsicht der Regierung droht. Das hält Struck für "überflüssig". Birthler sei "aus guten Gründen" vom Bundestag gewählt worden. Dadurch habe sie eine "bedeutendere, wichtigere Position als irgendein x-beliebiger Leiter einer Bundesbehörde". Der Innenminister reagierte gereizt: "Herr Struck neigt ja manchmal zu unbedachten Äußerungen. Ich hätte es begrüßt, wenn er zunächst den Innenminister angerufen hätte, um sich erst einmal mit dem Sachverhalt vertraut zu machen." Das wiederum lässt sich einer wie Struck nicht bieten. Seine Entgegnung war klar: "Auch ein Innenminister, der meiner Partei angehört, sollte sich mit solchen Bemerkungen zurückhalten."

Das Ganze zieht insofern Kreise, als Schily und Struck in ihrer Rechtsauffassung - die auch als eine politische angesehen wird - einflussreiche Anhänger haben: Den Innenminister stützen die Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Ute Vogt, und Dieter Wiefelspütz, der innenpolitische Fraktionssprecher. Struck kann auf den Rückhalt seines Vize Ludwig Stiegler zählen, der sich - übrigens wie Schily für die Bayern im Bundestag - so zitieren ließ: "Ich habe bisher als Katholik nur gelesen, dass der Papst unfehlbar ist, aber der Innenminister jedenfalls nicht." Und, nicht zu vergessen: Der SPD-Fraktionschef weiß die gesamte Grünen-Fraktion hinter sich. Das ist insofern pikant, als Otto Schily früher für die Grünen im Bundestag saß. Und unerbittlicher Aufklärer in Affären war.

"Feuer einstellen", hatte sich der Kanzler vor Weihnachten gewünscht. Doch auch die bevorstehende SPD-Fraktionssitzung wird das noch nicht bringen: Am 17. Januar befasst sich der Innenausschuss mit dem Thema, und da erhofft sich nun wieder Schily Unterstützung. Anschließend beginnt das Warten auf die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts über den Fall Kohl: bis Juni. Da kann noch viel gestritten werden.

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