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Kohlekraftwerk in Nordrhein-Westfalen.

© dpa/Roland Weihrauch

Energiewende: Die Kohlekommission muss nachsitzen

Die Kohlekommission schien schon auf der Zielgeraden, nun aber soll es einen neuen Fahrplan geben. Hinter den Kulissen gibt es Zoff – vor allem um Jobs.

Auf Druck vor allem der ostdeutschen Kohleländer soll die Regierungskommission zum Kohleausstieg länger tagen als bisher geplant. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll das Gremium zunächst konkreter über Hilfen für den Strukturwandel in den betroffenen Regionen wie der Lausitz sprechen, bevor ein Plan für den Kohleausstieg festgezurrt wird. Die Bundesregierung will deswegen die Arbeit der Kommission bis Januar verlängern, wie es am Mittwoch aus Kommissionskreisen hieß. Zuerst hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ darüber berichtet. Die beteiligten Umweltverbände protestierten heftig.

Die Kohleländer Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt hatten Nachbesserungen bei Strukturmaßnahmen gefordert. „Jedes vorzeitige Ausstiegsdatum muss an die Voraussetzung eines vorher stattgefundenen erfolgreichen Strukturwandels gebunden sein“, hatten die Ministerpräsidenten von Sachsen und Brandenburg, Michael Kretschmer (CDU) und Dietmar Woidke (SPD), in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gefordert. Sie verlangten Festlegungen zu einem langfristig durch den Bund gespeisten Fonds, einem Maßnahmegesetz ähnlich dem Bonn-Berlin-Gesetz und ein Sofortprogramm für die Region.

Die Kommission wollte eigentlich bereits am kommenden Mittwoch ihre Arbeit abschließen und ein Gesamtpaket mit Details zu Strukturwandel, Abschaltungen von Steinkohle- und Braunkohlekraftwerken bis 2022 und einen Ausstiegsplan inklusive Enddatum vorlegen. Erst vergangene Woche hatten die vier Vorsitzenden der Kommission mitgeteilt, man strebe ein Ergebnis schon bis 28. November und damit früher als geplant an. Laut Mandat hat die Kommission bis Ende des Jahres Zeit für ihren Abschlussbericht.

Kohlekraftwerke sind besonders klimaschädlich. Die Kommission soll deswegen auch Maßnahmen vorschlagen, wie Deutschland Klimaschutzziele erreichen kann.

Treffen der Koalitionsspitzen im Kanzleramt

Der neue Fahrplan sei am Dienstagabend beim Treffen der Koalitionsspitzen im Kanzleramt entschieden worden, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Koalitionskreisen. Der Co-Vorsitzende der Kommission, Bahn-Vorstand Ronald Pofalla, sei darüber unterrichtet worden. Auch die Unionsfraktion sei zu der Auffassung gelangt, dass es so nicht weitergehe, hieß es. Die Kommission müsse zunächst konkrete Strukturhilfen für die Kohleregionen beraten. Außerdem müsse sichergestellt werden, dass die Strompreise „nicht aus dem Ruder“ gerieten.

Merkel sagte am Mittwoch im Bundestag, die Zukunft der Betroffenen solle bei der Kommission in den Mittelpunkt gestellt werden. Es gehe darum, „Klimawandel auf der einen Seite und Zukunft für Menschen in einen Einklang zu bringen“, betonte die Kanzlerin. „Es geht nicht darum, als erstes irgendwelche Ausstiegsdaten zu beschließen, sondern es geht darum, Menschen Hoffnung zu geben, Zukunft zu geben, Strukturwandel wirklich vorzubereiten.“

Scharfe Kritik kam von Umweltverbänden. „Wir möchten hiermit aufs Schärfste dagegen protestieren und Sie nachdrücklich darum bitten, beim ursprünglich vereinbarten Zeitplan zu bleiben“, schrieben die Kommissionsmitglieder Martin Kaiser (Greenpeace), Kai Niebert (Deutscher Naturschutzring) und Hubert Weiger (BUND) an die Vorsitzenden. Der Eindruck, dass Bundes- und Landespolitiker versuchten, „nach Belieben die Arbeit einer zivilgesellschaftlichen Kommission und deren Empfehlungen zu beeinflussen“, sei „völlig unbegreiflich“. Für die nächste geplante Sitzung am kommenden Montag verlangten sie eine Aussprache.

Klare Signale für den Klimaschutz gefordert

„Wir erwarten von Ihnen als Vorsitzende klare Signale, dass der Klimaschutz jetzt auf der Agenda bleibt und es zu keiner Verschiebung des Abschlusses der Kommissionsarbeit kommt. Ansonsten riskieren Sie einen zivilgesellschaftlichen Konsens und damit auch die Chance einer Strukturentwicklung für die Braunkohleregionen“, schrieben die drei Umweltverbände.

Bereits während des Streits um den Hambacher Forst in Nordrhein-Westfalen, der für den Braunkohle-Tagebau abgebaggert werden sollte, hatten die Umweltverbände Druck gemacht. Wenn sie die Kommission verlassen würden, gäbe es nicht wie geplant einen breit getragenen Kompromiss von Wirtschaft, Politik und Klimaschützern.

In der Kommission gab es aber auch gelassenere Stimmen: „Lange Zeitachsen machen es meistens nicht besser, aber da der Strukturwandel im Fokus steht, sei es drum“, sagte ein Kommissionsmitglied der dpa. (dpa)

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