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Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission

© dpa/Dimitar Dilkoff

Streit um Atom-Abkommen: Trump kritisiert Europäer scharf

Dem US-Präsidenten missfällt, dass die EU ihr Abwehrgesetz gegen Iran-Sanktionen der USA aktiviert haben. Doch die Europäer wollen das Atomabkommen mit dem Iran unbedingt retten.

Von Hans Monath

Zur Rettung des Atomabkommens mit dem Iran wird die EU ein Gesetz zur Abwehr von US-Sanktionen reaktivieren. „Wir müssen jetzt handeln“, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Donnerstag nach einem EU-Spitzentreffen in der bulgarischen Hauptstadt Sofia.

Es gehe darum, vor allem kleine und mittlere Unternehmen zu schützen. Über das „Blocking Statute“ könnte es europäischen Unternehmen unter Strafe verboten werden, sich an die US-Sanktionen gegen den Iran zu halten, die nach dem einseitigen Rückzug der USA aus dem Atomabkommen wieder eingeführt werden. Gleichzeitig würde es regeln, dass die europäischen Unternehmen für möglicherweise entstehende Kosten und Verluste entschädigt werden. US-Präsident Donald Trump übte harsche Kritik an den Beschlüssen des EU-Gipfels. „Die Europäische Union ist furchtbar zu uns“, sagte er am Donnerstag. Den US-Bauern sei es nicht erlaubt ihre Produkte in die EU zu liefern. „Aber die EU, und in diesem Fall Deutschland, schüttet unser Land mit ihren Mercedes- und BMW-Fahrzeugen zu.“ Das werde nicht so weitergehen.

Wie genau das EU-Abwehrgesetz zum Einsatz kommen könnte, blieb zunächst unklar. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in Sofia, umfassende Entschädigungen für europäische Unternehmen halte sie nicht für machbar. „In einer umfassenden Weise die gesamte Wirtschaft zu entschädigen bei entsprechenden Maßnahmen der Vereinigten Staaten von Amerika – da können und dürfen wir auch keine Illusionen schüren“, sagte Merkel.

Das Abwehrgesetz war 1996 im Streit um Sanktionen gegen Kuba, den Iran und Libyen erlassen worden. Es wurde allerdings noch nicht angewendet, da der Sanktionsstreit damals beigelegt werden konnte. Es muss nun um die neuen US-Sanktionen ergänzt werden. Dies solle bereits an diesem Freitagvormittag geschehen, sagte Juncker. Ziel ist, dass das Gesetz einsatzbereit ist, wenn US-Sanktionen am 6. August wirksam werden sollten.

Hintergrund der Pläne ist die Tatsache, dass die US-Sanktionen auch nicht-amerikanische Unternehmen treffen, die mit dem Iran Geschäfte machen. Die Regierung in Teheran befürchtet, deswegen einen Großteil der wirtschaftlichen Vorteile zu verlieren, die er über den Atomdeal versprochen bekommen hatte.

Iran drängt auf eine schnelle Lösung

Iran drängt darauf, innerhalb von 60 Tagen von den Europäern Garantien zu bekommen, dass die Wirtschaftsbeziehungen und der Kapitalverkehr erhalten bleiben. Wenn nicht, will er sich nicht mehr an das Abkommen halten. Der Iran fordert deshalb von der EU praktische Lösungen und nicht nur Lippenbekenntnisse: „Das kürzliche Treffen mit der EU in Brüssel war nur eine positive politische Botschaft und ein guter Anfang, der aber reicht nicht aus“, sagte Außenminister Mohamed Dschawad Sarif nach Angaben der Tageszeitung „Etemad“ vom Donnerstag. Teheran müsse sich ja letztendlich entscheiden, ob es sich lohne, am Wiener Atomabkommen von 2015 festzuhalten oder nicht.

Ziel des Vertrages ist es, den Iran daran zu hindern, Atomwaffen bauen zu können. US-Präsident Donald Trump hatte vergangene Woche den Ausstieg aus dem Abkommen verkündet.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), hat sich allerdings skeptisch zu den Bemühungen der EU geäußert, den Atomdeal mit dem Iran nach dem Ausstieg der USA aufrechtzuerhalten. „Dass wir das Abkommen wirtschaftlich retten können, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen“, sagte der CDU-Politiker am Mittwochabend. Europäische Investitionen im Iran gelten als wesentlicher Anreiz für die Regierung in Teheran, ihren Verpflichtungen aus dem Nuklearabkommen trotz des US-Ausstiegs weiter nachzukommen.

„Kleine Unternehmen sind sofort tot“

Staatliche Schutzmechanismen der EU könnten keine wesentliche Verbesserung bewirken, sagte Röttgen. Investoren, auf die der Iran hoffe, seien „scheue Rehe“ und würden in unsicherer Lage kein Geld im Iran anlegen. Es werde aus privaten Entscheidungen keine Investitionen geben „und deshalb gibt es nichts zu retten“, betonte Röttgen.

Auch das Argument, von den im Iran engagierten deutschen Unternehmen seien viele kleinere Firmen, die kein US-Geschäft betreiben, überzeugt den Abgeordneten nicht. Sobald US-Sanktionen gegen Firmen mit Iran-Geschäft verhängt würden, gelte nach seiner Erfahrung mit früheren US-Sanktionen: „Kleine Unternehmen sind sofort tot.“

Röttgen forderte die EU auf, eine Nahostkonferenz einzuberufen, um eine Eskalation in der Region zu verhindern oder zumindest Zeit zu gewinnen. Bisher haben sich seiner Darstellung nach weder Kanzleramt noch Auswärtiges Amt zu der Idee verhalten. Bis zum nächsten EU-Gipfel im Juni müssten die Europäer eine Strategie entwerfen. Sollte ihnen bis dahin „nichts Neues zu Nahost und Mittelost einfallen, dann hätten sie versagt.“ (mit dpa)

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