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Umstritten - die Autobahngesellschaft des Bundes.

© Jens Büttner/dpa

Streit um Bundesautobahngesellschaft: Saubere Trennung

Im Streit um die Zuständigkeiten im Straßenbau schlägt der Stuttgarter Verkehrsminister Winfried Hermann vor: Autobahnen zum Bund, Bundesstraßen an die Länder.

Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann schlägt im Bund-Länder-Streit um die Zuständigkeiten bei den Fernstraßen eine klare Lösung vor: Die Autobahnen sollten zum Bund, die Bundesstraßen zu den Ländern. „Die Länder könnten das so genannte gelbe Netz in ihre eigene Verwaltung übernehmen, von der Planung über den Bau bis zum Betrieb“, sagte Hermann dem Tagesspiegel. „Allerdings erwarte ich, dass der Bund den Ländern eine auskömmliche Finanzierung garantiert.“
Bisher werden alle Bundesstraßen im Auftrag des Bundes durch die Länder verwaltet, was Planungen und Bauvergabe einschließt. Die reinen Baukosten trägt der Bund. Nun will die Bundesregierung alle Autobahnen und auch autobahnähnliche Bundesstraßen in Eigenregie verwalten. Geplant ist dafür eine neue Bundesautobahngesellschaft, bei der nach den Vorstellungen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine Teilprivatisierung möglich sein soll. Das lehnt die SPD zwar ab, doch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel ist ein Verfechter von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP), die je nach Art und Umfang ebenfalls auf eine Privatisierung von Autobahnen hinauslaufen können. Nötig ist für die Gründung der Gesellschaft in jedem Fall eine Änderung der Verfassung, der auch der Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit zustimmen muss.

Widerstand in Stuttgart und München

Zwar haben die Ministerpräsidenten der Neuordnung der Straßenbauverwaltung vor vier Wochen grundsätzlich zugestimmt (Schäuble hatte das verlangt für sein Entgegenkommen beim Finanzausgleich). Doch in den Ländern sieht man das Vorgehen des Bundes seither mit wachsender Ablehnung. „Es darf durch die Grundgesetzänderung weder eine direkte noch eine indirekte Privatisierung dieser Bundesautobahngesellschaft möglich sein“, sagte Hermann. „Die Gefahr ist, dass mit einer wie auch immer gearteten Privatisierung das Fernstraßennetz zum Renditeobjekt für Fonds und Versicherungen wird, das der Steuerung durch die Politik entzogen wird.“ So sieht es auch der bayerische Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU). „Ich halte überhaupt nichts davon, an einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft für die Autobahnen private Investoren zu beteiligen“, sagte er der „Welt“. „Der Widerstand gegen den Aus- und Neubau der Fernstraßen würde damit nur größer werden, weil die Menschen im Land dann unterstellen, bestimmte Vorhaben werden nur geplant, um die Gewinninteressen privater Anteilseigner zu befriedigen“, sagte der Minister.

"Berlin hat keinen Plan"

Der Stuttgarter Verkehrsminister hält den Verantwortlichen in Berlin vor, keinen Plan zu haben. „Die Bundesregierung ist bis heute nicht in der Lage, eine einheitliche Position vorzutragen. Finanzministerium, Verkehrsministerium und Wirtschaftsministerium können uns immer noch nicht erklären, wie diese Gesellschaft konkret organisiert werden soll.“ So lange das nötige Errichtungsgesetz nicht vorliege, könnten die Länder nichts zustimmen.

Was bisher vorliege, sei keine Lösung. Der Bund wolle den potenziell rentableren Teil des Straßennetzes in seine Gesellschaft übernehmen, in die alle Maut-Einnahmen und auch privates Kapital fließen sollen. Um den Rest der Bundesstraßen, der häufig planerisch schwieriger ist, sollen sich in der bisherigen Auftragsverwaltung weiter die Länder kümmern. „Doch droht hier die Unterfinanzierung. Dann wäre eine richtige Trennung der Zuständigkeiten sauberer.“ Hermann wirft seinem Bundeskollegen Alexander Dobrindt (CSU) vor, kein Gesamtkonzept für den Verkehr in Deutschland zu haben. "Er fährt jetzt einseitig die Investitionen in den Straßenbau hoch, und die geplante Infrastrukturgesellschaft ist das Mittel, diesen Vorrang auf lange Zeit festzuschreiben, gegen alle Interessen in den Ländern. Eine stärkere Verlagerung von Verkehr auf die Scheine gerät damit ins Hintertreffen."

Die mögliche Beteiligung von Privatanlegern an einer geplanten Autobahngesellschaft stößt in der Bevölkerung auf erheblichen Widerstand. Knapp drei Viertel (74 Prozent) lehnen nach dem ARD-Deutschlandtrend entsprechende Pläne ab. Lediglich jeder fünfte Befragte (21 Prozent) findet es richtig, private Investoren einzubeziehen.

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