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Streit um Einbürgerungspapier: Dürfen Antragsteller nach ihrer "Rasse" gefragt werden?

Ein Datenschutz-Passus in einem Einbürgerungsformular hat in Berlin Kritik an den Behörden ausgelöst. Der Antragsteller soll in dem Papier gestatten, dass Daten zu seiner "rassischen und ethnischen Herkunft" verarbeitet werden.

Berlin - Der Grünen-Politiker Özcan Mutlu hält derartige Formulierungen in einem solchen Formular für "unglaublich und nicht hinzunehmen". Bei SPD und Linkspartei/PDS gehen die Meinungen darüber hingegen auseinander.

Da die Einbürgerung "sicherlich nicht" von der Hautfarbe abhänge, hätten die Formulierungen dort nichts zu suchen, sagte Mutlu. Nach seiner Darstellung gibt es in keinem anderen Bundesland vergleichbare Passagen in den entsprechenden Anträgen. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) müsse deshalb so schnell wie möglich dafür sorgen, dass diese Begriffe "ein für allemal bei der Einbürgerung keine Rolle mehr spielen".

Der kritisierte Satz entspricht einer EU-Richtlinie

Der Passus sei seit Jahren "bürokratische Realität in der deutschen Hauptstadt", berichtet "Spiegel Online". Ein Sprecher der Innenverwaltung bestätigte auf Anfrage, dass es die kritisierten Formulierungen gebe. Inhaltlich wollte er sich dazu jedoch nicht äußern. Der Innensenator werde nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub in der kommenden Woche eine entsprechende parlamentarische Anfrage Mutlus beantworten. Die Formulierung ist in ähnlicher Form auch im Berliner Datenschutzgesetz enthalten. Laut Paragraph 6a dürfen "personenbezogene Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, (...) hervorgehen oder welche die Gesundheit oder das Sexualleben betreffen, nur verarbeitet werden, wenn angemessene Garantien zum Schutze des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung bestehen und eine besondere Rechtsvorschrift dies erlaubt, die den Zweck der Verarbeitung bestimmt".

Nach Angaben von "Spiegel Online" wird mit der umstrittenen Formularpassage eine EU-Richtlinie umgesetzt, die bei der Erhebung sensibler Daten die Einwilligung voraussetze. Im eigentlichen Einbürgerungsantrag werde nicht nach der "rassischen oder ethnischen Herkunft" gefragt, sondern nach Personendaten wie Geburtsort, -staat oder Staatsangehörigkeit, heißt es unter Berufung auf einen Mitarbeiter der Innenverwaltung. Dem Antragsteller stünde es frei, die Rubrik "Volkszugehörigkeit (Nationalität)" auszufüllen. Diese Angaben dienten aber nur dem besseren Verständnis der persönlichen Umstände des Antragstellers, "etwa bei Flüchtlingsschicksalen".

Der Begriff "Rasse" kommt auch im Grundgesetz vor

In einigen Fällen sei das Wissen um die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie für den Einbürgerungswilligen von Vorteil, sagte der SPD-Innenexperte Thomas Kleineidam. Wenn der Betroffene von seinem Heimatland nicht aus der Staatsangehörigkeit entlassen werde, könnten diese Angaben unter Umständen dazu führen, dass die im Grundsatz verbotene Doppel-Staatsangehörigkeit akzeptiert werde. Zugleich verwies der Politiker darauf, dass der Begriff Rasse in vielen deutschen Gesetzestexten vorkomme, darunter im Artikel 3 des Grundgesetzes. Allerdings habe das Wort vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte einen "schlechten Beigeschmack", räumte er ein.

Dagegen hält die Linkspartei den Begriff für "unangebracht und unsensibel". Der Text müsse geändert werden, indem nur noch nach der ethnischen Herkunft gefragt werde, sagte der Mitarbeiter von Innenexpertin Marion Seelig, Steffen Zillich. Er teile die Meinung von Kritikern, die auf Analogien zum NS-Sprachgebrauch hinwiesen. Die Grünen hätten allerdings keinen Grund, sich aufzuspielen, denn die Partei habe auf Bundesebene dem Bundesdatenschutzgesetz mit einer entsprechenden Formulierung zugestimmt. Zugleich wies Zillich Vorwürfe von Vertretern türkischer Verbände in der Zeitung "Hürriyet" zurück, wonach Berlin bewusst Neonazis in die Hände spielt. Dabei könne es sich nur um ein Missverständnis handeln. (tso/ddp)

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