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Streit um Einschränkung der Kronzeugenregelung: Kripo will Kronzeugen – Juristen nicht

Seit Jahren ist die Kronzeugen-Regelung hoch umstritten. Jetzt soll sie eingeschränkt werden - der erste Schritt zur Abschaffung?

Die Polizei wehrt sich gegen die geplante Einschränkung der Kronzeugenregelung. Der Strafrabatt für aussagebereite Täter sei für Ermittlungen in geschlossenen kriminellen Milieus unbedingt erforderlich, sagte Oliver Huth vom Bund Deutscher Kriminalbeamter am Mittwoch bei einer Expertenanhörung vor dem Rechtsausschuss des Bundestags. Als Beispiel nannte er organisierte Kriminalität wie Schutzgelderpressung und die Rockerszene. Konkurrierende Gruppen wüssten oft gut Bescheid über die kriminellen Aktivitäten der jeweils anderen. Hier sei es lohnend, Mitglieder mit der Aussicht auf niedrigere Strafen für eigene Taten zu Aussagen über Verbrechen der anderen zu bewegen. Nach den Plänen der Regierung aber soll genau diese Möglichkeit wegfallen. Die 2009 unter der schwarz-roten Regierung eingeführte Kronzeugenregelung soll zwar bestehen bleiben, aber nur für Aussagen gelten, die mit eigenen Taten in Verbindung stehen. So war es im Koalitionsvertrag verabredet. Ziel ist mehr Gerechtigkeit. Die gegenwärtig geltende Fassung würde es auch ermöglichen, dass ein Vergewaltiger milder bestraft wird, wenn er die Steuerhinterziehung seines Opfers verrät, wie ein Experte anmerkte. Manche Strafen würden dadurch "unangemessen niedrig", hieß es in der Expertenrunde. Seit vielen Jahren ist die Kronzeugenregelung unter Rechtspolitikern und Juristen hoch umstritten. Geht es nach den Anwälten, ist die geplante Einschränkung nur der erste Schritt zur erneuten Abschaffung. Stefan König vom Deutschen Anwaltverein wies darauf hin, es gebe keinerlei Erfahrungswissen, ob die Regelung notwendig sei. Man sollte das geltende Gesetz streichen und die Situation erst einmal erforschen - eine Einschätzung, die viele Experten teilten. König forderte stattdessen, gesetzlich klarzustellen, dass ein Urteil nicht allein auf Grundlage einer Kronzeugenaussage ergehen darf. Damit spielte der Anwalt auf ein verbreitetes Phänomen an - denn wie belastbar die Angaben sind, ist oft fraglich. Fast übereinstimmend betonten die Experten die Risiken von Falschaussagen. In einer weiteren Anhörung des Rechtsausschusses sprachen sich Experten für den Gesetzentwurf zum Verbot gewerbsmäßiger Suizidhilfe aus. Mit dem neuen Straftatbestand werde der Gefahr begegnet, dass Menschen zur Selbsttötung verleitet werden, hieß es. Kritiker hielten dem entgegen, der Suizid sei als Ausdruck der Selbstbestimmung straflos. Hilfe dabei, egal in welcher Form, dürfe deshalb ebenfalls nicht bestraft werden. Unklar blieb, ob mit dem neuen Strafgesetz auch Tätigkeiten nach dem Muster von Sterbehelferorganisationen wie Dignitas und Exit erfasst werden.

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