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Der evangelische Landesbischof Markus Dröge.

© Thilo Rückeis

Streit um Islamstudie: Bischof Dröge kritisiert Innenminister Friedrich

Die Islamstudie kommt für den evangelischen Landesbischof zu einem ganz anderen Schluss, als dies Innenminister Friedrich suggeriert. Dröge warnt davor, "zwischen Menschen unterschiedlicher Religionen zu spalten".

Der evangelische Landesbischof Markus Dröge meldet sich nicht oft zu politischen Debatten zu Wort. Aber es gibt Themen, da drängt es ihn dann doch. Das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religionen ist so ein Thema.

Am zweiten Sonntag in der Fastenzeit erinnerte die Evangelische Kirche in Deutschland wie in den beiden Jahren zuvor an die verfolgten und bedrängten Christen in der Welt. Denn 80 Prozent der um ihres Glaubens Willen verfolgten Menschen weltweit sind Christen. Bischof Dröge setzte am Sonntag in der Marienkirche am Alexanderplatz den Schwerpunkt auf die bedrängten Glaubensbrüder und -schwestern in Nigeria – und schlug einen Bogen zur aktuellen Diskussion um Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

In seiner Predigt erinnerte Dröge an den Bombenanschlag auf eine christliche Kirche in der nigerianischen Hauptstadt Abuja am 25. Dezember 2011, bei dem 40 Menschen getötet und über 100 verletzt wurden. Dahinter stecke die Terrorgruppe Boko Haram, die in Nigeria einen islamischen Gottesstaat herbeibomben wolle und arbeitslose Jugendliche mit Hass gegen alles Westliche und Demokratische infiltriere. Der Terror speise sich aus Armut und Chancenlosigkeit, sagte Dröge. „Boko Haram treibt einen Keil in die Gesellschaft.“

Auch in Deutschland müsse man dafür sorgen, „dass kein Keil zwischen Menschen unterschiedlicher Religion getrieben wird, dass wir nicht Hass mit Hass, Ideologie mit Ideologie beantworten“, sagte der Bischof und kritisierte Bundesinnenminister Friedrich, der aufgrund einer neuen Studie über junge Muslime in Deutschland vergangene Woche vor dem Import von anti-demokratischen und religiös fanatischen Ansichten gewarnte hatte. Die Studie selbst komme zu einem ganz anderen Schluss, so Dröge, sie warne davor, mit undifferenzierten, plakativen Meinungen die Probleme der Integration noch zu verstärken. „Ich halte es für sehr problematisch, Menschen allein wegen ihrer Religion zum Problemfall zu erklären“, sagte der Bischof und verwies auf den „Zweiten Integrationsindikatorenbericht der Bundesregierung“. Dieser Bericht, vor wenigen Wochen von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt veröffentlicht, weise nach, dass Integration und Partizipation vor allem durch mangelnde Bildung und Sprachkenntnisse und durch soziale Probleme erschwert werde, nicht durch kulturelle und religiöse Prägung. „Unterschiede zwischen Kulturen und Religionen mit dramatischen Thesen zu verschärfen, gefährdet das friedliche Zusammenleben“, so Dröge.

Populismus begegnet der evangelische Bischof mit dem Verweis auf den Römerbrief, in dem es heißt, „durch Jesus Christus haben wir den Zugang zu dieser Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit“. Ein Mensch, der in dieser Gnade Gottes stehe, gewinne Halt und Kraft, er lasse sich nicht umhertreiben vom ständigen Wechsel und Wandel, von den Meinungen, die heute so und morgen anders um Aufmerksamkeit buhlten. „Ein Mensch, der in Gottes Gnade steht, ist wie ein Fels in der Brandung.“ Diese Gnade wünscht Dröge den bedrängten Christen – und vermutlich auch dem Bundesinnenminister.

Über 250 Menschen kamen am Sonntag in die Marienkirche, auch etliche nigerianische Familien. Denn der Gottesdienst wurde von Pastoren der nigerianischen Gemeinden in Berlin mitgestaltet. „Lieber Gott, halte Deine Hand über den afrikanischen Kontinent“, betete Pastor Joshua Ewulo. Und von der Empore herab sangen sieben nigerianische Männer und Frauen „Oh Lord, you are my helper“. Sie füllten mit ihren Stimmen den weiten Kirchenraum und zeigten, was leidenschaftlicher Lobpreis ist.

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