zum Hauptinhalt

Politik: Streit um Mohammed-Bilder eskaliert

Arabische Staaten protestieren heftig gegen Karikaturen in dänischer Zeitung – nun entschuldigt sich das Blatt

Kopenhagen - Seit die bürgerliche dänische Tageszeitung „Jyllands-Posten“ Karikaturisten dazu ermutigt hat, satirische Zeichnungen des Propheten Mohammed einzureichen und zwölf davon unter dem Titel „Die Gesichter Mohammeds“ publizierte, versinkt das Königreich in einer außenpolitischen Krise. Betroffen ist nun sogar die EU: Bewaffnete Mitglieder der palästinensischen Al-Aksa-Brigaden besetzten am Montag ein EU-Büro im Gazastreifen und forderten von Dänemark eine Entschuldigung für die Bilder. Im Irak rief eine radikale Gruppe zu Anschlägen auf dänische Soldaten auf.Und viele Skandinavier verließen panikartig den Gazastreifen, nachdem die Al-Aksa-Brigaden sie in Flugblättern dazu aufgefordert hatten, innerhalb von 48 Stunden von „palästinensischem Boden“ zu verschwinden.

Grund genug offenbar zum Einlenken: Am Montag abend entschuldigte sich die Zeitung für die Verletzung religiöser Gefühle. Chefredakteur Carsten Juste sagte, die Zeichnungen hätten nicht gegen dänische Gesetze verstoßen, aber unzweifelhaft viele Muslime beleidigt. Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen distanzierte sich schon vorher im Fernsehen von den Karikaturen. Er würde Mohammed niemals in einer Weise darstellen, die andere kränken könne, sagte er.

Eine der Karikaturen zeigt den Propheten mit einem Turban in Form einer Bombe samt brennender Zündschnur. Grund für die Veröffentlichung war laut Redaktion öffentliche Kritik daran, dass es kein dänisches Medium wage, Kritisches zum Islam zu publizieren. „Die Publikation war ein Test, inwieweit die Angst vor muslimischen Vergeltungsaktionen begonnen hat, die Meinungsfreiheit in Dänemark einzuschränken.“ Islamisten, die bisher nur Dänemarks Beteiligung am Irakkrieg anprangerten, richteten ihren Zorn nun gegen die Pressefreiheit des Landes.

Aus dem innenpolitisch Zank, der im September begann, wurde ein außenpolitisches Fiasko. Von einer diplomatischen Krise zwischen Dänemark und der arabischen Welt ist inzwischen die Rede, weil islamische Staaten demokratische Grundfreiheiten durch massiven diplomatischen Druck einzuschränken versuchten. Saudi-Arabien zog seinen Botschafter aus Kopenhagen ab. Und saudische Supermärkte nahmen alle dänischen Produkte aus den Regalen – mit der Folge, dass auch der dänische Industrieverband die Zeitung zur Entschuldigung aufforderte. Die EU hingegen drohte der saudischen Regierung mit Sanktionen.

Ägypten setzte eine Kampagne gegen Dänemark in Gang. Außenminister Ahmad Abu al Ghayt schickte Protestbriefe an Staatschefs der ganzen Welt und beschwerte sich auch bei UN-Generalsekretär Kofi Annan beschwert. Neben Ägypten schickten zehn weitere muslimische Botschafter Protestnoten an Premierminister Anders Fogh Rasmussen.

Vor seinem Einlenken am Abend hatte der dänische Staatschef, der mit Hilfe der rechtsextremen dänischen Volkspartei regiert und für eine restriktive Ausländerpolitik bekannt ist, ein Treffen mit den Botschaftern noch rigoros abgelehnt. Begründung: „Wer annimmt, dass ich irgendeine Beeinflussungsmacht gegenüber dem, was nationale Zeitungen machen und drucken, habe – dem ist die Essenz der dänischen Demokratie völlig entgangen.“

Die verärgerten Botschafter wandten sich daraufhin an die „Organisation der islamischen Konferenz“, die 56 Länder repräsentiert. Mit Erfolg: „1,3 Milliarden“ Muslime erwarteten nun eine Entschuldigung für die blasphemischen Karikaturen, erklärte die Organisation. Unterdessen kündigte Franz Füchsel, einer der zwölf Mohammed-Karikaturisten, die öffentliche Versteigerung seiner Zeichnungen an. Der Erlös solle an Erdbebenopfer im muslimischen Pakistan gehen. „Ich wollte niemandem Schaden zufügen“, sagte er. „Wo ich lebe, ist es aber okay, andere zu kritisieren, ohne dafür gleich zerrissen zu werden.“

Andre Anwar[Stockholm]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false