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Streit um Platzvergabe im NSU-Prozess: Akkreditierung nach Windhund-Prinzip

Dreißig Anrufe, etliche E-Mails Richtung München: Tagesspiegel-Reporter Frank Jansen zeichnet die Chronik seiner Akkreditierung für den NSU-Prozess auf - einfach sieht anders aus.

Von Frank Jansen

Sie sind freundlich, sie haben Geduld, sie stöhnen auch nicht beim 30. Anruf, jedenfalls nicht während der Journalist noch in der Leitung steckt. Die Pressesprecherin des Oberlandesgerichts München, Margarete Nötzel, und ihre beiden Mitarbeiterinnen bewahren die Ruhe. Dass Journalisten wochenlang nachgefragt haben, wann der Strafsenat über die Zulassung der Anklage im NSU-Verfahren und dann über die Akkreditierung der Medien entscheidet, hat in München zumindest keinen hörbaren Aufruhr verursacht. Und doch wurde um jedes Infohäppchen zäh gerungen. Ohne ständige Nachfrage hätte wohl auch der Tagesspiegel in dem lange nebulösen Prozedere, man könnte Glücksspiel sagen, die Akkreditierung mit einem festen Sitzplatz verpasst. Eine Chronik.

Am 24. Januar sagt eine Mitarbeiterin Nötzels, „wahrscheinlich morgen“ werde der 6. Strafsenat bekannt geben, ob die Anklage der Bundesanwaltschaft zugelassen wird. Am 25. Januar heißt es in München, die Zulassung sei leider doch nicht erfolgt, aber bis zum 31. Januar denkbar. Man dürfe ruhig weiter anrufen.

31. Januar, am Vormittag. Nein, es gebe noch keine Zulassung, „erst im Februar“. Doch am Mittag kommt der Eröffnungsbeschluss: Die Anklage gegen Beate Zschäpe und vier Mitangeschuldigte ist zugelassen. Das habe sie auch überrascht, sagt am 1. Februar eine Mitarbeiterin der Pressestelle. Sie werde sich nun bei Fragen zur Akkreditierung erst mal nicht auf ein Datum festlegen.

Ende Februar ist zu erfahren, dass das Gericht zwischen 50 und 56 feste Plätze an Journalisten vergeben werde, in der Reihenfolge der Anfrage. Am 1. März, einem Freitag, heißt es in der Pressestelle, kommenden Montag oder Dienstag werde der Strafsenat die Sicherheitsverfügung veröffentlichen. Das wäre der Startschuss für die Akkreditierung nach dem Windhund-Prinzip. Am 4. März sagt Nötzel, die Verfügung werde „morgen zwischen 8 und 9 Uhr“ gemailt, der Journalist könne dann seinen Antrag auf Akkreditierung senden.

Am 5. März gegen 8.30 Uhr bittet die Pressestelle um Geduld, es gebe eine technische Störung. Kurz vor 9 Uhr werden die Mails verschickt. Innerhalb von drei Stunden sind die 50 festen Plätze vergeben, türkische Medien sind nicht dabei. Am 25. März teilt die Pressestelle mit, der Tagesspiegel sei akkreditiert und habe einen sicheren Platz. Der aber weg sei, sobald der Journalist den Gerichtssaal verlässt – sei es nur für einen Gang zum Klo. Dann komme ein Kollege dran, „der draußen wartet“.

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