Man kann nicht alles erben. Die Witwe Helmut Kohls muss deshalb wohl auf eine Million Euro verzichten, die das Landgericht Köln vor einem Jahr dem später verstorbenen Altkanzler zugesprochen hatte. Die Rekordsumme sollte den CDU-Politiker dafür entschädigen, dass sein Ex-Biograf Heribert Schwan Tonbandprotokolle aus Gesprächen für ein gemeinsames Memoirenprojekt für seinen eigenen Bestseller verzweckte. Am Dienstag urteilte das Oberlandesgericht, dass nur Kohl höchstpersönlich der Anspruch zugestanden hätte. Eine absehbare Niederlage für Maike Kohl-Richter, die trotz klarer Vorgaben des Bundesgerichtshofs (BGH) auf ihrer Forderung bestand.
Kohl-Zitate Rekordsumme für schräge Töne

Dafür erbt die Erbin die Genugtuung, die wohl auch ihr Mann über das in einem zweiten Urteil bestätigte Verbot der meisten Kohl-Zitate empfunden hätte. Autor Schwan und Co-Autor Tilman Jens hatten den von seiner Partei Enttäuschten über politische Weggefährten herziehen lassen, auch über die Kanzlerin, die „nicht richtig mit Messer und Gabel essen“ konnte. Das Gericht sieht dafür keine Rechtfertigung: Die Wiedergabe verletzte das postmortale Persönlichkeitsrecht. Kohl habe unter anderem „Sperrvermerke“ abgegeben, oder die Autoren hätten den Kontext verfälscht. So habe Kohl nicht Merkel für ihre Tischmanieren kritisiert, sondern die Menschen in den alten Bundesländern, die nach der Wende wenig Verständnis für die Umwälzungen in den neuen aufgebracht hätten. Unwahr auch, dass Großbritanniens frühere Premierministerin Margaret Thatcher bei Gipfeltreffen „gern eingeschlafen“ sei. Vielmehr, so das Gericht, habe es ausweislich der transkribierten Tonbänder einen „Grund für Müdigkeit“ gegeben. In einem dritten Urteil wird festgehalten, dass Autor Schwan sagen muss, was er mit den Band-Kopien angestellt hat. Alles in allem haben weder Autoren noch Verlag noch Kohl-Erbin noch viel zu verlieren. So wird der Streit wohl bald den BGH beschäftigen.
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