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Am 7. Mai 2022 besuchen Touristen die Bergarbeiterstadt Barentsburg in Spitzbergen.

© Jonathan NACKSTRAND / AFP

Streit um Versorgung einer Siedlung: Russische Politiker zweifeln Souveränität Norwegens über Spitzbergen an

Die Auseinandersetzung um Warenlieferungen an russische Arbeiter auf Spitzbergen ruft Nationalisten auf den Plan. Worum es in dem Konflikt genau geht.

Wie schwer die westlichen Sanktionen Russlands Wirtschaft treffen, darüber streiten die Experten. Sicher ist: Sie behindern den Warenfluss nach Russland erheblich.

Auch russische Arbeiter im norwegischen Spitzbergen warten deshalb auf Güter, die den Kontrollpunkt in Storskog auf dem Festland Norwegens passieren müssen – der für diese Waren jedoch gesperrt ist.

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Spitzbergen scheint in diesem Weltkonflikt erst einmal nur eine Randnotiz, könnte aber bald schon Anlass für eine größere Auseinandersetzung bieten.

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Norwegen gehört zwar nicht zur EU, hat sich den EU-Sanktionen gegen Russland aber angeschlossen. Russland, das Bergbau in Spitzbergen betreibt, wirft Norwegen nun die Blockade wichtiger Güter vor.

Darunter befänden sich Lebensmittel und medizinische Geräte für die Siedler im kleinen Ort Barentsburg, der insgesamt etwa 400 Einwohner:innen zählt.

Laut dem russischen Außenministerium werde diese „unfreundliche“ Aktion Norwegens zu – nicht spezifizierten – Vergeltungsmaßnahmen führen, wie die Agentur Reuters meldete.

Verbale Attacken gegen Norwegen

Die russischen Politiker Konstantin Kosachev und Andrei Alexandrowitsch Klischas, die beide dem russischen Föderationsrat angehören, haben Norwegen nun bereits verbal attackiert. Die norwegische Zeitung „The Barents Observer“ berichtete über den Fall.

Kosachev und Klischas haben den Streit um die Warenlieferung nach Spitzbergen jeweils auf dem Messenger-Dienst Telegram kommentiert. Kosachev, der stellvertretende Sprecher des Föderationsrats, wirft den norwegischen Behörden vor, die russischen Bergleute „ohne Nahrung zurückzulassen“. Das verstoße „gegen die Menschenrechte und die Menschlichkeit“.

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Kosachev verweist außerdem auf den in Paris unterzeichneten Spitzbergenvertrag von 1920. Hier erhielt Norwegen die Souveränität über den Archipel, dem Vertrag traten auch die Sowjetunion und der Nachfolgestaat Russland bei.

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„Die Parteien erkannten die volle und absolute Souveränität Norwegens über die Inselgruppe Spitzbergen an, allerdings zu Bedingungen, die im Pariser Vertrag selbst festgelegt sind. Durch sein Verhalten verstößt Norwegen gegen Artikel 3 des Pariser Vertrags“, behauptet Kosachev in seinem Telegram-Beitrag.

Schwarzer Rauch kommt am 7. Mai 2022 aus einem Kohlekraftwerk in Barentsburg.
Schwarzer Rauch kommt am 7. Mai 2022 aus einem Kohlekraftwerk in Barentsburg.

© Jonathan NACKSTRAND / AFP

Angeblicher Vertragsverstoß stelle Souveränität in Frage

Der angebliche Verstoß gegen den Vertrag rechtfertige also, dass Russland die Souveränität von Norwegen über Spitzbergen nicht mehr anerkennen müsse – das schreibt Konstantin Kosachev zwar nicht explizit, deutet es aber an. Sein Kollege Andrei Alexandrowitsch Klischas geht gar einen Schritt weiter.

„Ich stimme Kosachev zu, aber um es von der diplomatischen in die juristische Sprache zu übersetzen – nach dem Vorgehen Norwegens ist die Souveränität dieses Landes über Spitzbergen ab sofort höchst fraglich“, schreibt Klischas auf Telegram. „Unsere Bürger auf Svalbard sollten mit allem versorgt werden, was sie brauchen, und ihre Sicherheit sollte vollständig gewährleistet sein.“

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„The Barents Observer“ hat den Rechtwissenschaftler Øystein Jensen, Professor am Fridtjof Nansens Institut in Norwegen, in der Sache befragt.

Wie Jensen erklärt, könne sich Russland im Streit um die Warenlieferungen nicht auf den Spitzbergenvertrag von 1920 berufen. „Der Vertrag gilt in Storskog nicht, und man kann diese Angelegenheit [ohnehin] nicht Ernst nehmen.“

Und weiter: „Die norwegische Souveränität ist der wichtigste Punkt im Vertrag. Ich schätze, dass sich diese Äußerungen [der russischen Politiker] mit allem decken, was in diesen Tagen aus Russland kommt“.

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