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"Frau, gläubig, links" - Andrea Nahles

© Wolfgang Kumm/dpa

Streit um Werbeverbot für Abtreibungen: Wo steht Andrea Nahles - die gläubige Katholikin?

Andrea Nahles war erst fromm, dann links. Der Lebensschutz liegt ihr am Herzen. Nun muss die SPD-Chefin den Streit um den Paragrafen 219a schlichten.

Der Streitfall Paragraf 219a löst starke Emotionen aus. Es geht um das Werbungsverbot für Schwangerschaftsabbrüche. Kommt es zum Koalitionskrach? Für die CDU, die am Werbeverbot festhalten will, spricht deren neue Parteivorsitzende, die Katholikin Annegret Kramp-Karrenbauer. Für die SPD, die das Verbot abschaffen oder zumindest abschwächen will, spricht deren Vorsitzende, die Katholikin Andrea Nahles. Aber vertritt Nahles die Stimmung in ihrer Partei auch in der Sache?

Vor acht Jahren veröffentlichte die SPD-Chefin ihre Biographie, sie trägt den Titel „Frau, gläubig, links“. Was bis dahin nur wenige Genossen wussten: Nahles war einst Messdienerin und aktiv in einer ökumenischen Jugendgruppe. „Das waren frühe Prägungen, sie haben meinen Wertekodex bestimmt“, sagt sie. Der Glaube habe sie als Mensch geprägt, lange bevor sie in die SPD eingetreten sei. Bis heute besucht sie, wann immer möglich, in dem Ort in der Eifel, in dem sie aufwuchs, die Sonntagsmesse. Außerdem ist sie Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken.

„Christsein kann nie folgenlos bleiben, nicht privat und nicht politisch“, hat Nahles in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gesagt. „Ich wäre nie in der SPD gelandet, wenn ich nicht zuvor eine christliche Prägung erfahren hätte.“ In dieser Partei habe sie sich „in der Gefolgschaft von Jesus Christus wiedergefunden“. In einem Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte sie: „Im Grunde entstand das linke, das sozialdemokratische Engagement aus meinem Engagement in der katholischen Kirche.“

Nahles verteidigt den Paragrafen 218

In ethischen Frage, insbesondere beim Lebensschutz, war Nahles der Glaube immer ein wichtiger Kompass, auch oft gegen ihre Partei. Sie stimmte für strengere Vorlagen beim Embryonenschutz und unterstützte, gemeinsam mit einigen anderen Sozialdemokraten, beim Thema Spätabtreibungen den Antrag von Union und FDP, in dem neben der psychosozialen Beratung von Schwangeren eine Frist von drei Tagen festgeschrieben wurde, die zwischen der Diagnose einer Behinderung und einer Spätabtreibung liegen muss. Bei der Neuregelung der Sterbehilfe wiederum stimmte Nahles für einen Gesetzesentwurf, der die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellt. Bei der „Ehe für alle“ schloss sich Nahles allerdings dem Votum ihrer Partei für eine Legalisierung an.

Zum Thema Abtreibung heißt es im Katechismus der Katholischen Kirche: „Das menschliche Leben ist vom Augenblick der Empfängnis an absolut zu achten und zu schützen.“ Deshalb sei Abtreibung „ein schweres Vergehen gegen das sittliche Gesetz“, jede Mitwirkung werde mit der Strafe der Exkommunikation geahndet.

Für Nahles ist Abtreibung keine Sünde, es müsse ihr allerdings eine gründliche Gewissensprüfung vorausgehen. Sie verteidigt den Paragrafen 218, der einen Ausgleich darstellen soll zwischen dem Recht des Ungeborenen auf Leben und dem Selbstbestimmungsrecht der Frau. Demnach sind Abtreibungen, die nicht aus medizinischen Gründen oder nach einer Vergewaltigung erfolgen, rechtswidrig, bleiben aber straffrei, wenn sie nach einer Beratung und innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen geschehen.

„Mit der jetzigen Form des Paragrafen 218 sind wir einen verantwortbaren Weg gegangen“, sagt Nahles. „Dieser Kompromiss steht für mich nicht in Frage.“ Was daraus konkret für das Werbeverbot, den Paragrafen 219a, folgt, lässt die SPD-Chefin bislang offen. Das sei „sicher ein schwieriges Thema“, sagt sie nur.

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