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Gibt der Ukip und Parteirebellen nach: Premierminister David Cameron.

© REUTERS

Streit um Zuwanderung in Großbritannien: Cameron, der Getriebene

Großbritanniens Premier will auf Druck von rechts die Einwanderung aus der EU bremsen.

Großbritanniens Premier David Cameron will bis Weihnachten Pläne vorlegen, um die EU-Migration nach Großbritannien zu bremsen. Dabei geht es nicht um Missbrauch und „Sozialtourismus“, sondern eine Beschränkung der absoluten Zahlen, die seit der Euro-Krise stark anschwellen. Ziel des Manövers: Cameron will Euro-Skeptiker in seiner Partei beschwichtigen und die Gefahr entschärfen, die Nigel Farages Anti-EU-Partei Ukip für Camerons Tories bedeutet. Camerons Kritiker warnen, der Premier tappe in eine Falle. Er schüre Erwartungen, die er nie erfüllen könne und ermutige durch Schwäche nur die Dauerrebellen seiner eigenen Partei.

Denn wie Cameron die Freizügigkeit reformieren will, ist unklar. Die klügsten Köpfe in der Downing Street sind Berichten zufolge fieberhaft auf der Suche nach einer Möglichkeit, die EU-Einwanderungsströme zu stoppen, ohne die römischen Verträge zu brechen oder Vertragsverhandlungen auszulösen, zu denen niemand in der EU die geringste Lust hat. Angedacht ist u.a. eine „Notbremse“ mit einer Deckelung der Zahlen durch Limitierung an EU-Bürger ausgegebener Versicherungsnummern. Nach anderen Vorschlägen müssten EU-Einwanderer, die länger als drei Monate bleiben wollen, Unterkunft und ausreichende Finanzmittel nachweisen.

EU-Kommission: Camerons Pläne sind illegal

Von allen Seiten hagelt es Kritik. Cameron riskiere die Zukunft Großbritanniens in der EU, warnte sein Koalitionspartner Nick Clegg von den Liberaldemokraten. Der führende Proeuropäer der Tories, Ken Clarke, kritisierte, eine Deckelung der EU-Immigration setze „die britische Wirtschaft aufs Spiel“. Der Wirtschaftsverband CBI teilte mit: „Unternehmen wissen, wie heikel die Freizügigkeit von Arbeitern innerhalb der EU ist, aber sie ist und bleibt ein wesentlicher Teil des Binnenmarkts“.

Am deutlichsten war EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso bei seinem Abschiedsbesuch in London. Camerons Pläne seien „illegal“; seine Argumente verletzten EU-Prinzipien „in Ton und Inhalt“ und seien „beleidigend für Partnerstaaten“. Noch habe Großbritannien viele Freunde in Europa, müsse aber aufpassen, „dass das so bleibt“. In einem Interview mit dem „Daily Telegraph“ setzte Barroso nach. Statt den Euro-Skeptikern von Ukip solle Cameron dem Vorbild Margaret Thatchers folgen. „Sie glaubte an freie Märkte und Offenheit und hätte populistischen Argumenten nicht nachgegeben.“

77 Prozent der Briten wollen weniger Einwanderung

Cameron wartete nicht lange mit seinem Konter: Nicht Barroso, sondern das britische Volk sei der Boss. Man müsse sich mit „nicht unvernünftigen Ängsten“ der Menschen auseinandersetzen und das Problem „reparieren“. Beim Wahlkampf in Rochester, wo Ukip Mitte November ein zweites Unterhausmandat gewinnen könnte, versprach Cameron: „Wir sollten es ein letztes Mal versuchen und einen besseren Deal bekommen.“

In den zwölf Monaten vor August 2014 stieg die Nettoeinwanderung nach Großbritannien von 175 000 auf 243 000 an – zwei Drittel davon sind EU-Migranten. Das hat das politische Ziel Camerons, die Einwanderung auf unter 100 000 pro Jahr zu bringen, durchkreuzt. 77 Prozent der Briten wollen weniger Einwanderung als bisher.

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