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Politik: Streit unter Schwestern: "Die CDU verlässt unsere gemeinsame Linie"

Einen Schnitt will Thomas Goppel in der Asyldebatte machen: Das Grundrecht soll in eine "institutionelle Garantie" umgewandelt werden. Mit dieser Verfassungsänderung könnten abgelehnte Asylbewerber ihr Recht auf Aufnahme nicht mehr einklagen.

Einen Schnitt will Thomas Goppel in der Asyldebatte machen: Das Grundrecht soll in eine "institutionelle Garantie" umgewandelt werden. Mit dieser Verfassungsänderung könnten abgelehnte Asylbewerber ihr Recht auf Aufnahme nicht mehr einklagen. Der CSU-Generalsekretär fordert kurze Verfahren: "Wir können nicht sieben Jahre bis zur endgültigen Entscheidung warten."

Der CSU-Parteitag in München hat Angela Merkel, die Vorsitzende der CDU, gefeiert. Direkt im Anschluss an die Veranstaltung hat der CSU-Chef Edmund Stoiber seine Kanzlerkandidatur "definitiv" ausgeschlossen. Ein Freibrief für die CDU, für ihre Parteichefin Merkel?

Edmund Stoiber hat mehrfach betont, dass er seine Lebensaufgabe im Amt des bayerischen Ministerpräsidenten sieht. Wer daraus den Schluss ziehen sollte, dass die CSU bei der Entscheidung über die Kanzlerkandidatur eine Nebenrolle spielt, der täuscht sich gewaltig. Diese Entscheidung wird auf gleicher Augenhöhe getroffen, es gibt keine einseitigen Zugriffsrechte.

Aber mancher, auch in der CDU, hat die Darbietung von München so verstanden, als sei faktisch eine Vorentscheidung gefallen, als laufe die Kandidatur auf Merkel zu.

Es ist beschlossene Linie von CDU und CSU, dass diese Frage miteinander und nicht vor dem Frühjahr 2002 entschieden wird. Und so wird es auch laufen. Die Vergangenheit hat gezeigt: Wenn ein Kandidat zu früh bekannt wird, versucht der politische Gegner, ihn zu verschleißen. Deshalb sollten wir vor 2002 nicht ständig diese Diskussion führen, sondern unser ganzes Engagement der Sachpolitik widmen.

Reden wir also über Sachpolitik: CDU und CSU haben in der Zuwanderungsfrage weitgehend übereinstimmende Positionen - nur in einem Punkt herrscht Differenz: Beim Asylrecht.

Das überrascht mich. Wir haben 1992, als der Asylkompromiss ausgehandelt wurde, eine gemeinsame Position von CDU und CSU formuliert. Das war der Vorschlag, das Grundrecht auf Asyl in eine institutionelle Garantie umzuwandeln. Ich sehe keinen Grund, heute hinter die Positionen von 1992 zurückzufallen. Insoweit verlässt die CDU in Teilen unsere Linie.

Kritiker Ihrer Position, auch solche aus der CDU, sagen, die CSU wolle das Recht auf Asyl praktisch ganz abschaffen.

Dieser Vorwurf ist absurd. Unsere Linie ist klar: Wir plädieren für eine Umwandlung des Grundrechts auf Asyl in eine institutionelle Garantie. Diese reicht völlig aus. Das wissen wir von unseren europäischen Nachbarn, etwa von Frankreich, wo die gesetzliche Regelung gut funktioniert. Ein Grundrecht auf Asyl gibt es nur in Deutschland, aus geschichtlichen Gründen. Heute stehen wir vor der Aufgabe, eine Zuwanderungsregelung für die Zukunft zu finden. Eine institutionelle Garantie des Asyls würde dem gerecht werden und zugleich sicherstellen, dass politisch Verfolgte Aufnahme in Deutschland finden.

Aber warum ist diese Änderung denn aus der Sicht der CSU überhaupt noch nötig? Nach der Grundgesetzänderung von 1992 läuft das deutsche Grundrecht doch auch heute schon auf einen Zustand hinaus, wie ihn die Genfer Konvention von ihren Mitgliedern ohnehin verlangt - Verfassung hin oder her?

Wenn das so ist, wie Sie sagen, dann belegt das doch, dass die grundrechtliche Absicherung nicht erforderlich ist.

Oder dass Ihr Ruf nach Abschaffung des Asylgrundrechts überflüssig ist.

Nein. Wir müssen, wie andere Länder auch, weitere Möglichkeiten nutzen, um einem Bewerber in kurzer Zeit nachzuweisen, dass sein Antrag unberechtigt ist. Wir haben eine Rückweisungsquote von 96 Prozent in einem Zeitraum von sieben Jahren. Wir können nicht sieben Jahre warten, bis unsere Gerichte endgültig entschieden haben, ob ein Bewerber bleiben darf oder nicht. Wir müssen zu einem schnelleren und kürzeren Verfahren kommen.

Aber haben dann nicht diejenigen Recht, die sagen, für kürzere Verfahren reichen Eingriffe unterhalb der Verfassungsschwelle - Änderungen am Verwaltungsrecht und ähnliches?

Nein. Das Verfassungsrecht eröffnet alle Instanzen und alle Einspruchsrechte, ganz egal ob ein Asylantrag vom ersten Tag an als unberechtigt dargestellt werden kann. Wir brauchen kurze Verfahren. Die haben wir nicht.

Wenn sich nun aber die CDU Ihrem Appell zur Rückkehr auf acht Jahre alte Positionen verschließen sollte ...

Die Zuwanderungspolitik war immer ein Kernthema der Union. Deshalb sollten wir hier Geschlossenheit zeigen. Diskussion ist gut, auch unionsintern. Aber irgendwann müssen Entscheidungen getroffen und gemeinsam vertreten werden.

Der CSU-Parteitag in München hat Angela Merke

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