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Politik: Struck schließt Nachkriegseinsatz nicht aus

Verteidigungsminister will mehr Geld für Bundeswehr / Kanzler sieht neue Verantwortung für Deutschland

Von Hans Monath

Berlin. Die Bundesregierung will nicht ausschließen, dass deutsche Soldaten zur Sicherung einer Nachkriegsordnung und zum Schutz des Wiederaufbaus in den Irak entsandt werden könnten. Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) verlangte für diesen Fall bereits jetzt eine Aufstockung des Verteidigungsetats. „Ohne zusätzliches Geld könnte das nicht gestemmt werden“, sagte er der „Bild“. Struck verwies darauf, dass die Bundeswehr mit rund 9000 Soldaten in Auslandseinsätzen bereits heute voll ausgelastet sei. Gleichzeitig deutete er aber an, dass Verbände aus dem Kosovo oder aus Bosnien verlegt werden könnten. Deren Reduzierung sei mittelfristig ohnehin geplant.

Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) schloss eine Entsendung deutscher Soldaten in den Irak am Mitwoch nicht aus. Die Diskussion darüber nannte er aber verfrüht. „Theoretische Debatten zu führen, hat überhaupt keinen Sinn“, meinte Schröder. Momentan stehe die humanitäre Hilfe für den Irak im Mittelpunkt der deutschen Bemühungen. Die Kernfrage laute, „was wir tun können, um Leid zu vermindern“. Schröder bekräftigte die deutsche Forderung, dass die Vereinten Nationen den Wiederaufbau lenken sollten.

Nach Anstößen des Kanzlers und des Außenministers ist in der Regierungskoalition eine Debatte über höhere Verteidigungsausgaben für eine unabhängigere Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union ausgebrochen. Schröder deutete am Mittwoch an, dass ein stärkeres Europa auch eine Aufstockung des Wehretats nötig mache. Diese Botschaft müsse sich vor allem an die eigenen Anhänger richten, „die noch immer auf die Dividende aus der Überwindung des Kalten Krieges hoffen“, sagte er der „Zeit“. Das Auftreten von Teilen Europas im Weltsicherheitsrat fordere ebenfalls Konsequenzen. Wer für sich in Anspruch nehme, „im Ernstfall zu differenzieren oder Nein zu sagen wie im Falle Irak“, müsse aus eigener Kraft handlungsfähig sein, sagte Schröder: „Insofern stimmt, dass wir uns über die Ausrüstung der Bundeswehr und über ihre Finanzierung unterhalten müssen“. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) hatte sich kürzlich ebenfalls für höhere deutsche Verteidigungsausgaben im Rahmen einer künftigen europäischen Sicherheitspolitik ausgesprochen.

Der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, Winfried Nachtwei, verlangte dagegen, vor einer Erhöhung des Wehretats müssten die zivilen Instrumente der Außenpolitik finanziell gestärkt werden. Es sei richtig, dass durch das „mündige Verhalten“ der Bundesregierung im Irak-Konflikt die Verantwortung Deutschlands „erheblich gestiegen“ sei, sagte der stellvertretende Fraktionschef dem Tagesspiegel. Wer diese Verantwotung wahrnehmen wolle, brauche auch entsprechende Fähigkeiten. „Es wäre aber falsch, diese nur militärisch zu buchstabieren“, sagte Nachtwei.

„Das ganze Instrumentarium der Krisenprävention ist bislang erst spärlich ausgestattet“, sagte der Politiker und verwies auf das vom Auswärtigen Amt finanzierte „Zentrum Internationale Friedenseinsätze“. Der Nachholbedarf im Etat des Entwicklungsministeriums oder des Auswärtigen Amtes sei „deutlich größer als beim Militär, wo durch die Strukturreform bereits Investitonsmittel freigesetzt werden“.

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